Ist FloDaFi schuldig oder nicht? So habe ich Florian David Fitz getauft (und wundere mich seit Tagen, wieso das nicht längst sein medialer Rufname ist…). Seit Tagen, weil ich vor Kurzem in DAS TV-Spektakel des Jahres schauen durfte. „Terror – Ihr Urteil“ ist ein ungemein interessantes Fernseh-Experiment, bei dem das Publikum Jury spielen darf. Denn die Zuschauer sind die Jury im Fall des Kampfpiloten Lars Koch, der 164 Menschen auf den Gewissen hat – aber eben durch sein Handeln auch 70.000 gerettet hat…
Eine interessante Adaption des Theaterstücks von Ferdinand von Schirach, das am 17.10. im Fernsehen und bereits heute im Kino zu sehen sein wird.
Darum geht es
Ich möchte gar nicht zu viel der rund 84 Minuten Film vorweg nehmen, nur kurz die Ausgangssituation.
„Die Anklage der Staatsanwältin lautet auf Mord an 164 Menschen.“
Florian David Fitz spielt den Angeklagten Lars Koch, der vor Gericht steht, weil er ein Flugzeug abgeschossen hat, das von Terroristen entführt worden war und drohte, in ein vollbepacktes Fußballstadion zu fliegen.
164-facher Mord oder 70.000-fache Rettung? Es beginnt ein moralisches Dilemma zwischen gesetzestreuer Anklage durch die Staatsanwältin (Martina Gedeck) und gesundem Menschenverstand durch den Verteidiger (Lars Eidinger). Und am Ende ist es eben nicht eine Schauspieler-Jury oder ein Richter, die alleine ein Urteil fällen und wir Zuschauer regen uns auf (oder auch nicht). Nein, es sind wir selbst, die das Zepter in der Hand haben. Denn am Ende wählen wir. Je nachdem, ob wir Lars Koch als schuldig oder unschuldig erachten, wird ein entsprechendes Ende ausgestrahlt.
Mein Fazit
Genau bis zu diesem Ende habe ich den Film „Terror – Ihr Urteil“ bereits sehen können. Die Besetzung ist spitze, das Schauspiel sowieso und mir gefällt die teils direkte Ansprache des Publikums sehr. Dazu gibt es schicke Architektur Berlins und einige richtig schöne Einstellungen zu bewundern. Und das, obwohl es sich eigentlich um ein Kammerspiel handelt – der Gerichtssaal wird nämlich nie verlassen.
Keine Rückblenden, keine Einspieler, keine Fernsehtricks. Eigentlich ist alles, als wären wir wirklich einer Gerichtssitzung beiwohnend. Entsprechend kann es hier und da schon etwas redundant und trocken werden, gerade in der Mitte des Films gibt es ein paar Längen. Insgesamt ist es aber deutlich kurzweiliger als ich zunächst befürchtete, weil es einfach spannend ist. Nicht nur, wie am Ende entschieden ist, sondern wie die Juristen den Fall in die eine und andere Richtung biegen. So Abschluss-Plädoyers habe ich ja schon immer bewundert.
Wo zu sehen?
Am 17.10.2016 ist „Terror – Ihr Urteil“ ab 20:15 Uhr im Ersten zu sehen. Im Anschluss (21:40 Uhr) findet im Rahmen von „hart aber fair“ die multimediale Abstimmung statt (z.B. über Facebook oder Twitter) und das entsprechende Ende des Films wird ausgestrahlt. Damit das moralisch-juristische Dilemma nicht einfach so im Raum steht, gibt es noch eine Diskussion zum Thema.
Gäste bei „hart aber fair“:
Franz-Josef Jung (CDU, von 2005 bis 2009 Bundesverteidigungsminister)
Thomas Wassmann (ehem. Kampfjet-Pilot; Vorsitzender Verband der Besatzungen strahlgetriebener Kampfflugzeuge der Bundeswehr e.V.)
Gerhart Baum (Rechtsanwalt, FDP-Mitglied; ehem. Bundesinnenminister 1978-1982)
Petra Bahr (Theologin; design. Regionalbischöfin in Hannover)
Premiere feiert der Film übrigens heute. Am 14.10.2016 wird „Terror – Ihr Urteil“ in 100 deutschen Kinos gezeigt. Schaut am besten mal auf der Website eures Stamm-Saales, ob der Film dort zu sehen sein wird. Ansonsten beantwortet ihr eben am Montag die Frage: schuldig oder nicht schuldig? Ich bin sehr auf die Entscheidung gespannt (und habe meine eigene bereits gefällt).
Mit freundlicher Unterstützung von der ARD – Bilder Copyright: MOOVIE
In dieser Sache gibt es nur ein richtiges Urteil das da heißt:
schuldig des Mordes in 164 Fällen
Begruendung:
1. alle Menschen zählen laut internationalem, europäischem und deutschem Recht vor dem Gesetz gleich viel. Kein Mensch zählt mehr als ein anderer. Das bedeutet: kein eventueller Terrorist ist mehr wert als ein Passagier an Bord von so einem Passagierjet und umgekehrt.
2. im internationalen, europäischen und im deutschen Recht gibt es das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Und dieses gilt sowohl fuer den – möglichen – Terrorist an Bord sowie fuer sämtliche Passagiere an Bord! Daher ist so ein Abschuss ein Mord in mehreren hundert Fällen. Denn an Bord von so einem Jet befinden sich normalerweise zwischen 100 bis zu 500 Personen!
3. im internationalen, im europäischen Recht sowie im deutschen Recht gibt es das Grundrecht auf Unschuldsvermutung. Dass bedeutet: ob diese fragliche Person an Bord ueberhaupt ein Terrorist ist, muss sich erst mal durch eine ordnungsgemße Gerichtsverhandlung mit ordnungsgemäßer Beweisaufnahme und mit ordnungsgemäßer Anhörung des/der Beschuldigten erwiesen werden! Und auch fuer die Passagiere gilt die Unschuldsvermutung!
Daher ist so ein Abschuss ein eindeutiger Mord in mehreren hundert Fällen, strafbar gemäß § 211 Strafgesetzbuch. Und dass bedeutet auch, dass ich einen jeden Verteidungsminister/eine jede Verteidigungsministerin der oder die so einen Abschussbefehl erteilen wuerde, höchstselbst bei der nächsten Staatsanwaltschaft zur Anzeige bringen wuerde!! Denn ich kann mich – nachdem ich selbst schonmal einen fast tödlichen Flugzeug-Crash an Bord einer B747 in Amsterdam-Shipol ueberlebt habe – durchaus in die Gefuehle der Passagiere hineinversetzen und deren Angst verstehen, im nächsten Moment entweder von so einem Kampjetpiloten oder durch so einen eventuellen Terroristen getötet zu werden. Das ist absolut grauenvoll und sowas wuenscht man NIEMANDEM!!
Kein Staat diese Welt hat das Recht, seine Hand gegen unschuldige Passagiere zu erheben! Keine Regierung dieser Welt steht ueber internationalem Recht (UN-Zivilpakt, UN-Menschenrechts-Charta, Genfer Konventionen) und unsere Bundesregierung steht nochdazu nicht ueber europäischem und auch NICHT ueber deutschem Recht!!
Rein rechtlich gesehen ist die Sache ja eigentlich auch recht eindeutig. Dennoch stellt sich eben die Frage, ob man die aktuelle Auslegung nicht zumindest hinterfragen kann. Ist es Mord? Klar. Ist es Mord im Sinne eines größeren Guten? Vielleicht. Am Ende wäre ggf. ein Schuldspruch mit abgeminderter Strafe aufgrund der Motivation eine Lösung. Ansonsten sind in beide Argumentationsrichtungen viele Wenns und Abers, wenn man es komplett (über bestehendes Gesetz hinaus) diskutieren wollte. Und auch wenn ich persönlich eher zu „unschuldig“ tendieren würde, wäre alleine die Folge aus so einem Präzidenzfall natürlich verherend. Finde es schwierig.
Lest dazu bitte unbedingt mal: http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2016-10/ard-fernsehen-terror-ferdinand-von-schirach-fischer-im-recht
Ist amüsant zu lesen und klärt über einige Missverständnisse auf, die sich aus diesem Stück ergeben.
Hatte ich tatsächlich am Tag drauf getwittert – ist wirklich interessant.
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