In einem kleinen hanseatischen Städtchen hängen Banner. Gelbe Warnhinweise für Autofahrer. Denn es ist wieder soweit: Die gefürchteten Horden der ABC-Schützen strolchen durch die Gefilde. Immerhin knapp 80.000. Und das, obwohl besagtes Städtchen nicht unbedingt für die Qualität im Bereich Bildung steht. Trotzdem gibt es sie auch hier, die kleinen Erstklässler. Aufgeregt und voller Stolz tragen sie ihre neuen Ranzen zur ersten Schulstunde hin. Bei den meisten sieht es so aus, als hätten sie Obelix seinen Hinkelstein geklaut. Entweder sind die Tornister riesig oder die Kinder sehr klein. Oder beides. Aber vermutlich treffen sie sich irgendwann in der Mitte. Doch trotz all‘ der gewarnten Autofahrer, der strahlenden Kinderaugen und neu blitzender Hinkelsteinschulranzen, gibt es dieses Jahr natürlich auch hier Einschränkungen, die in den Spaß hineingrätschen. Mein persönlicher Favorit zur Einschulung: pro Erstklässler nur ein Erziehungsberechtigter als Begleitperson. Mama und Papa spielen Schnick-Schnack-Schnuck um den Platz in der Aula. Eventuelle Alternativerzieher stehen sowieso feuchten Auges vor dem geschlossenen Tor. Und wenn man bei anderen Veranstaltungen vielleicht sagen kann “Arschbacken zusammenkneifen und nach Möglichkeit nächstes Mal doppelt feiern”, so kann die Einschulung des Kindes einem keiner wiedergeben, geschweige denn nachholen. Aber die meisten waren tapfer und haben sich und den i-Dötzchen nicht die Laune verderben lassen, denn jetzt geht der Spaß erst richtig los: Regelunterricht zu Zeiten von Corona. Auf die Eltern, die Schüler und auch die Lehrer, die ja auch oft selber Kinder haben, wartet ein buntes Gemisch aus Ernsthaftigkeit, Sorglosigkeit, Unlust, Durchhaltevermögen, blindem Aktionismus, Unsicherheit, Planlosigkeit, Zuversicht und Optimismus. Das alles hält das Schulsystem unserer Stadt zusammen. Aber ganz ehrlich, das war auch vor Corona schon so. Doch jetzt zu sagen “never change a running System” wäre Quatsch. Jahrzehntealte Missstände beißen uns nun mit Nachdruck in den Allerwertesten. Lehrer- und Platzmangel, merkwürdig geplante Digitalisierung und dementsprechende Fortbildungen. Über veraltetes Schulmaterial und fehlende Ergonomie reden wir gar nicht erst. Wichtig ist jetzt erstmal, den Präsenzunterricht aufrecht zu erhalten oder entsprechenden Fernunterricht zu ermöglichen. Und vor allem dürfen die Schüler nicht vergessen werden, denen Abschlussprüfungen bevorstehen. Die sind so schon aufgeregt genug, auch ohne ständig wechselndes Hygienekonzept. Und was die Herbst- und Winterzeit angeht, können wir nur hoffen, dass das Stoßlüften brav weitergemacht wird. Oder sind dann alle krank, weil es eiskalt wird in den Klassenräumen? Obwohl… hier wird es ja zum Winter hin gar nicht so richtig kalt, eher verregnet. Das ist natürlich besser. Hoffentlich stellt man den Lehrern dann wenigstens Regenschirme, wenn sie schon keine MNS vom Arbeitgeber bekommen. Nun könnte man noch stundenlang motzen und negative Dinge aufzählen. Ja, stundenlang. Aber es finden sich natürlich auch Lichtblicke am Horizont. An dieser Stelle einen besonderen Gruß an alle Lehrer, die tapfer durchhalten und ihre private Zeit noch mehr nutzen, um Unterricht in allen Lagen zu ermöglichen. Ich habe letztens den Begriff “die verlorene Generation” gehört im Zusammenhang mit den Schülern aus der Coronazeit. Nur weil Bildung hier nicht die erste Geige spielt, muss man tausende von Kindern nicht gleich komplett aufgeben. Das wäre ein Armutszeugnis. Durchgefallen! Setzen! Sechs!
#staysmart
#staypatient
#staynice
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