Rezension: K.I.Z. - Urlaub fürs Gehirn KIZ_urlaub_fuers_gehirn Titel: Urlaub fürs Gehirn
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Artist: K.I.Z.
(Homepage)

Release: 03.06.2011

Genre: Hip Pop

Label: Vertigo Berlin (Universal)

Urteil: Rezension: K.I.Z. - Urlaub fürs Gehirn rating_stars_35

Kurzum:

„K.I.Z. sind zurüüück!“

Tracklist:

  1. Küss mir den Schwanz (3:34)
  2. Urlaub fürs Gehirn (4:02)
  3. Doitschland schafft sich ab (3:56)
  4. Heiraten (3:58)
  5. Raus aus dem Amt (3:49)
  6. Abteilungsleiter der Liebe (3:37)
  7. Fleisch (3:06)
  8. In seiner Mutter (3:29)
  9. Fremdgehen (3:14)
10. Lauf weg (4:59)
11. Tsetsefliegenmann (Skit) (1:04)
12. Mr. Sonderbar (3:54)
13. H.I.T. (3:33)
14. Der durch die Scheibeboxxxer (3:43)
15. Lach mich tot (4:58)
16. Koksen ist Scheisse (7:52)
17. Biergarten Eden [Bonus] (3:19)

Gesamtspielzeit: 66:03 Min

Einleitend muss ich eigentlich nicht viel sagen, denke ich. K.I.Z, das sind die Kannibalen in Zivil oder Künstler im Zuchthaus oder Kreuzritter in Zentralasien oder Klosterschüler im Zölibat oder Kapitalismus ist Zauberhaft oder oder oder. So genau wissen das die vier Jungs bestimmt selbst nicht. Aber bereits diese Mehrfachbelegung der Namenskürzung zeigt eine große Stärke der Berliner Hip Hop-Truppe: Selbstironie, Kreativität und stetige Rückbezüge auf das eigene Schaffen. So auch bei der neuen Platte Urlaub fürs Gehirn, die weitaus schmissiger daher kommt, als der Vorgänger Sexismus gegen Rechts (Rezension).

Aber im Einzelnen: Das mittlerweile vierte Studioalbum hat den besten und intensivsten Intro-Track seit dem 2006 Mixtape Böhse Enkelz. Bei Küss mir den Schwanz gibt es nicht nur ein einstimmendes und zum Mitgröhlen animierendes „K.I.Z. sind zurüüüüück!“ im Refrain, nein es zeigt sich auch erneut ein mehr und mehr elektronischer Einfluss der Beats von DJ Craft. Geniales Intro, das Lust auf mehr macht und bereits zeigt, dass der Refrain-Ruf absolute Berechtigung hat: Ironie, Wortwitz, Pepp und der gewisse Wums. All das, was teilweise bei Sexismus gegen Rechts gefehlt hat, ist in Hahnenkampf-Manier vorhanden. Danach folgt auch schon die erste Singleauskopplung. Der Titeltrack des Albums Urlaub fürs Gehirn (Musikvideo) kann vor allem mit dem schmissigen Refrain auftrumpfen, der im Ohr bleibt: „Das ist der Sound für die echten Männer, die das hier hörn wenn sie Presslufthämmern“.

Doitschland schafft sich ab ist ein Song gegen Einwanderinnen in Deutschland. Denn es geht nicht um andere Nationen, nein, Frauen werden als Imigranten aus dem All beschrieben. Wie immer gewohnt überspitzt und detailverliebt. Der Song samt Beat tritt etwas auf die Bremse, und schon tritt der Text in den Vordergrund. Der Refrain ist nicht unbedingt meins, aber dennoch solider Song. Track 4 hört zwar auf den Namen Heiraten, ist aber keineswegs romantisch. das hätte wohl auch verwundert. Nach eher ruhigem Intro (inklusive Super Mario Pilz-Grow-up-Sound!) nimmt der Song im Refrain durchaus Fahrt auf. Das folgende Raus aus dem Amt kann mit massenhaft Featuren aufwarten, wie sie allgemein auf dem Album deutlich häufiger vertreten sind als noch bei den letzten. Deutlicher Mitgröhlcharakter ist vor allem im Refraingeschrei von MC Motherfucker vorhanden.

Abteilungsleiter der Liebe könnte auch ein Nachfolger von Rauher Wind vom Vorgänger sein. Sehr ruhige Töne leiten einen reichen Wirtschaftler ein, der an seinem Geburtstag von der befreundeten Belegschaft mit Kuchen empfangen wird. Doch natürlich birgt auch dieser Track eine knallharte Wendung, die einen nicht allzu kleinen Nebentritt auf die deutsche Wirtschaft bereithält und auf den Namen Outsourcing hört. Überraschend stark ist die kleine Ansprache von Maxim gegen Ende, bei die vermeintliche Verwandlung der Mitarbeiter angesprochen wird. Viel Motivationsblabla um Nichts, mal wieder fein eingefangen. Das folgende Fleisch ist ein Solo-Track von Tarek, der darin die Notwendigkeit von Nahrung bei einem alleinerziehenden Vater mit Finanzproblemen thematisiert. Inhaltlich passend zur wohl bekanntesten Bandnamen-Version bleibt nur noch die dramatische Flucht in den Kannibalismus. Sicherlich der ernsteste Track der Platte.

Weitaus schmissiger geht es dann wieder bei In seiner Mutter zu. Alleine die ersten Zeilen von Nico haben es in sich: „Ein Finger in der Fotze, zwei in der Steckdose – Was für eine Orgie, 12 Verletzte, 6 Tote – Darunter drei Deutsche“. Rein sound-technisch sehr gelungener Track. Allgemein muss man DJ Craft ein Kompliment für die sehr abwechslungsreichen Beats machen. Fremdgegangen hat durchweg Ohrwurm-Charakter, fängt es bereits in der Strophe an, eher singend als rappend daher zu kommen. Anders das folgende Lauf Weg. Erneut mit massenhaft Features besetzt, ist dieser Song sicherlich als zweiter Part des Hahnenkampf-Tracks Neuruppin zu sehen. Einige Textzeilen wurden aufgenommen und sind in geänderter Form vorhanden, und auch der Neuruppin-Horror wird aufgegriffen: „Wenn ein Wagen dir folgt mit Nummernschild aus Neuruppin, dann lauf weg!“. Sehr atmosphärischer Track, der durchaus intensiv daher kommt.

Kein K.I.Z.-Album ohne Skit. Tsetsefliegenmann wird diesmal von Nico gesprochen und kommt mit langgezogenen Endzeilensilben und eher weniger gefreestyled daher. Danach kommt mit Mr. Sonderbar bestimmt eine Single-Auskopplung daher. Der einschlagende Beat schlägt einfach derart ein, da muss ein Dancefloor-Knaller draus werden. Der wohl stärkste Track des Albums. Hier passt einfach alles: Beat, Witz, Text, Absurdität. Genau das ist K.I.Z. Da wird einem schonmal nebenbei und total aus dem Kontext gerissen ein „Ich muss Til Schweiger suchen, hab ne Idee fürn neuen Film – Dreilochstuten“ eingeworfen, ehe es in der Bridge noch absurder wird: „Staubsaugernasemann macht Line legen gefährlich, denn er zieht dein Kokain, auch wenn er zwei Meter entfernt ist“. H.I.T. steht bei K.I.Z. nicht für ein Heavy Intensive Training, nein, hier wird beschrien und gefeiert, dass Hip Hop tot ist. „Wir sind der Grund, dass dir deutscher Rap peinlich ist“ heißt es im Refrain, der erneut ein Beispiel für den selbstabzielenden Humor der vier Berliner ist.

Der Durch die Scheibeboxxer ist eine der vielen Sachen, die sich durch eigentlich alle K.I.Z.-Alben zieht. Mit schon fast klassischen Zeilenbeginnen wie „120 Euro?“ gibts jede Menge Schmunzler bei aggressivem Berliner Schnautzenrap. Billige Wortspieler inklusive: „Ich häng anne Theke – nenn mich den Andertheker“. Das folgende Lach mich Tot wird etwas unspektakulärer. Das abschließende Koksen ist Scheiße kommt mit satten 8 Minuten Spielzeit und elf(!) Featuren daher. Eine Ode an Haschisch und Co., die zwar sicherlich stiltechnisch zur Thematik passt, mir aber weitaus zu lahm ist und eher ein Track zum Skippen ist. Schade, da das Album so ungewollt ausklingt. Als Bonustrack gibt es in manchen Editions noch die bekannte Deutschland-Hymne Biergarten Eden als Zugabe.

Urteil: Rezension: K.I.Z. - Urlaub fürs Gehirn rating_stars_35

Insgesamt kann man ganz klar sagen, dass K.I.Z. sich nicht vorwerfen lassen muss, nach Top 10 Albumplatzierungen zu sehr kommerz, mainstream und handzahm zu werden. Ganz im Gegenteil: Urlaub fürs Gehirn geht klar mehr in Richtung Hahhnenkampf als Sexismus gegen Rechts, ohne jedoch an Ersteres heran zu kommen. Einige richtige Kracher sind dabei, leider aber auch ein, zwei Tracks, die mich (bisher zumindest) nicht kicken konnten. Solche Ausfälle waren bisher weitaus rar in der Geschichte der Hip Hop-Truppe. Aber allgemein lässt sich festhalten: „K.I.Z. ist zurüüück!“.

Hier noch eine Snippet-Zusammenstellung (fast) sämtlicher Tracks des Albums:

Und on top gibt es noch zwei Spaßversionen, die die Jungs haben „leaken“ lassen.

5 Kommentare

  1. hrnshn says

    yo hab die review noch nicht zu ende gelesen…olle, aber wat ist dat mit euch ganzen reviewern? habt ihr noch nie ein kiz-booklet gesehen???? die beats sind normalerweise NICHT von craft, evtl. mal mit scratches/cuts von ihm versehen….peinlich

  2. Maik says

    @hrsnshn: Stimmt, extrem peinlich zu denken, dass Craft für die letztliche Hintergrundmusik zuständig ist. Bei drei Rappern und einem DJ liegt es eigentlich auf der Hand, dass er für das Falten der Servietten im Tourbus zuständig ist. Sorry, aber nicht jeder ist KIZ-Nerd. Du hast vielleicht Recht und danke für den Hinweis, aber das kann man auch anders verpacken.

  3. hrnshn says

    klar kann man das anders verpacken, aber dann würdest du dich beleidigt fühlen. außerdem würde das mein niveau übersteigen. it’s phukin rap music man!

  4. Keemps says

    Staubsaugernasenmann macht übrigens das Line-legen gefährlich nicht „dein leben“ ;)
    Verstehe nicht ganz wie man „koksen ist scheiße“ lahm finden kann aber ist ja deine Meinung;)

  5. Pingback: Review: K.I.Z. – Hurra die Welt Geht Unter - Fünfter Streich der Kannibalen in Zivil | LangweileDich.net

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