TITEL | Kompass (Partnerlink) | ARTIST | Madsen | |
RELEASE | 14.08.2015 | GENRE | Indie-Rock/Pop | |
LABEL | Four Music (Sony Music) | URTEIL | ||
KURZUM | Seemannsrock mit vereinzelten Schlagerkrämpfen. |
Mittlerweile sind es schon zehn Jahre seit dem ersten Album der Geschwister-Kumpels-Truppe Madsen. Wahnsinn. Mit Kompass steht das sechste Studioalbum in den Startlöchern und so langsam sollte man ja eigentlich wissen, wie der musikalische Fußstapfen einer Band ausschaut. Entwickelt sich die Band von der einstigen Schrei-Rumpel-Indie-Rockhoffnung wohlmöglich weiter zu einer Kaffeekränzchen-Kombo, die Schwiegermutti dufte findet oder findet man seinen eigenen Stil, seine eigene Mischung und kann auch Fans der ersten Alben weiterhin etwas bieten? Um es vorweg zu nehmen: beides. Aber zum Großteil zum Glück Letzteres.
Track by Track
Läuft’s? Irgendwie kommt da nichts… Vielleicht mal ein bisschen lauter… BAM! Es dauert ein paar Sekunden, bis Intro-Track und Vorabsingle Sirenen hochgefahren ist. Doch dann stemmt sich einem ein gefälliges Gitarren-Riff in bester Classic Rock-Manier entgegen. Ein angenehm rockiger Auftakt voll Geschrei, Wumms und Energie – mehr als „nur ein Bild in HD“.
Mit Leichter wird es auch Selbiges, zumindest auf musikalischer Brust. Da fehlt es leider vor allem Refrain ein wenig, um volksmusikalische Assoziationen gleich im Keim ersticken zu können. Dafür ist die Liebeserklärung textlich sehr gelungen. Eigentlich, ja eigentlich wären so viele Dinge viel leichter – und dennoch will man nicht alleine sein. Ach, wat schön, woll? Um die Entwicklung Richtung Schmachtmusik zu vollenden heißt der nächste Track passend Küss Mich. Hier kann der Refrain dann doch noch ein wenig den Schunkelwahn durchdringen, den die Strophe hervorruft. Hm…
Nur gut, dass ein Kompass da ist um uns zu leiten. Die noch etwas behäbige Strophe kann zum Glück in der Bridge noch aufgeweckt werden, am Ende bleibt es aber bei Herzschmerz-Indie-Deutschrock. Was ist eigentlich aus diesem rockigen Ruf der Sirenen geworden, bidde? Der erklingt zumindest ein bisschen im Intro zu Ich bin korrupt. Ein Titel, der vielleicht einige musikalische Entscheidungen der Band erklärt. Musikalisch zwar ausgefeilt und mit guter Songstruktur, aber Zeilen wie „Ich bin korrupt – nur ein Kuss und ich lieb dich wieder“ klingen weiterhin ein wenig nach Musikantenstadl.
Deutlich mehr Spaß macht mir da Ich trink nur eben aus. Nicht nur weil es musikalisch etwas rauer klingt, sondern vor allem, weil es textlich (trotz Karat-Brücken-Analogie im Refrain) passt. Vor allem die Variationen gegen Ende von „Ich trink nur eben aus“ in „Ich rauch nur eben auf“ gefallen mir gut. Da fehlt eigentlich nur „Ich sing nur eben aus“…
(Bild: © Marco Sensche)
Fluten kommt auch deutlich rockiger daher und erinnert in Zügen sogar an Queens of the Stone Age. Auch schön, dass es immerhin der dritte Titel mit nautischem Inhalt ist. Dazu gibt es noch einen recht knackigen Break-Part zu hören – gefällt! Deutlich ruhiger geht es bei der Ballade Unerreichbar zu. Die ist wiederum gar nicht meins, komischer Weise, weil der etwas hochgedrehte Refrain beinahe genauso klingt, wie der in den schnelleren Songs etwas herunter gefahrene Refrain. Wenn, dann hätte man den Song komplett „entkleiden“ sollen, meiner Meinung nach. So wirkt es etwas halbgar und die Emotionen kommen bei mir nicht an. Pur, anyone?
Graue Welt haut dann endlich mal auf die Glocke! Wo wir gerade noch QOTSA hatten – jetzt klingt es ein wenig nach den Foo Fighters. Für mich einer der stärksten Tracks der Platte, der sich endlich mal nach Vorne traut. Man möchte direkt „Nochmal“ rufen – aber dann erscheint nur ein Track mit Titel Nochmal. Frei nach dem Motto „wenn das ein Fehler war, mach ich ihn nochmal“ ist es ein wenig wie bei der Kritik zu Unerreichbar, aber nicht ganz so schlimm. Deutlich mehr Atmosphäre und Gefühl im Song – passt schon. Deutlich mehr packt mich dann aber doch das gefühlvolle Über die Berge. Hier passt die Struktur dann doch deutlich besser als bei den anderen Balladen. Mein Lieblingssong wird es wohl dennoch nie werden. Am Ende wird es dann wieder nautisch: Die Leuchttürme bilden tatsächlich den wohl komplexesten Song und kommen brachial daher, wie man es eigentlich von den „Fluten“ erwartet hatte. Wahnsinns-Riff, toller Aufbau – und das einzige Feature der Platte. Plötzlich ist Singer-Songwriter Bosse am Start, was stimmlich aber durchaus geil rein passt. Toller Abschluss, der einen denken lässt, wie toll ein komplettes Album dieser Art doch gewesen wäre.
Urteil:
Bei der ersten Single hatte ich gedacht: „Geht doch, die können es noch!“. Leider konnte nicht das komplette Album diesen Erwartungen standhalten. Dennoch ist „Kompass“ ein gutes Album geworden. Abwechslungsreich und emotional, aber ohne dabei die Gitarre im Schrank zu vergessen. Es wird auch aufgedreht. Leider haben einige der Songs so ihre Schwächen im recht eintönigen Refrain und gerade die ruhigeren Songs laufen Gefahr, nach Volksmusik oder Pur und anderen Schwiegermuttibands zu klingen. Bestimmt total kommerziell erfolgreich ausgerichtet und toll, um kleine Mädchen sich in einen verlieben zu lassen – aber ich bin eben kein kleines Mädchen (das als Legitimiation dieser Begründung).
2013 hatten Itchy Poopzkid mit Ports & Chords (Partnerlink) ein Album heraus gebracht, was auch mit dem Ankermotiv und nautischer Seele gespielt hat. Das hatte mir einen Tick besser gefallen, ist aber eigentlich auf sehr vielen Ebenen ganz gut vergleichbar – von Cover-Gestaltung bis musikalischer Ausrichtung.
Zum Abschluss noch die Tracklist und Tourdaten der Jungs.
Tracklist:
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Tourdaten:
08.08.2015 D – Rothenburg o.d. Tauber Taubertal Open Air |
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