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Ganz allein stand Frank Turner im Februar 2009 auf der Bühne im rappelvollen Kölner Underground. Vor ihm hatten gerade die Hardcore-Punk-Jungs von Polar Bear Club für reichlich Bewegung im Raum gesorgt, nach ihm sollten sich später noch The Gaslight Anthem allmählich vom Clubpublikum verabschieden, um nur wenige Monate darauf in Richtung 1.000er-Hallen durchzustarten. Eigentlich eine recht seltsame Auftrittsgelegenheit für einen schmalen Engländer mit Akustikgitarre.
Doch Turner gewann die Aufmerksamkeit des Publikums gleich mit den ersten Akkorden – ein Kunststück, das ihm seither offensichtlich immer wieder gelang: sein letztes Album „England Keep My Bones“ landete in den britischen Top 5, seine Konzerte auf der ganzen Welt waren stets restlos ausverkauft und über den Auftritt im Vorprogramm der Olympia-Eröffnung wurde nun auch schon genug geschrieben. Jetzt also die Platte, die endgültig zum Durchbruch führen soll – und, geht die bisherige Entwicklung so weiter, vermutlich auch wird: „Tape Deck Heart“.
Darauf enthalten sind zwölf Songs, die ganz in der Tradition von Turners bisherigem Schaffen stehen: leicht folkig, manchmal etwas punkig, aber meistens vor allem sehr melodisch. Der Opener und gleichzeitig die erste Single „Recovery“ ist ein gutes Beispiel dafür, obwohl der Song nicht im Ansatz der stärkste Moment der Platte ist. Die sind eher den hymnischen „Plain Sailing Weather“, „Polaroid Picture“ und der kommenden Single „The Way I Tend To Be“ vorbehalten. Letzterer Titel ist dabei so unverschämt poppig, dass es schon mit dem Teufel zugehen müsste, damit er nicht ein veritabler Radiohit wird.
Bereits bei den ersten Durchläufen fällt im Vergleich zu den vorherigen, insbesondere den letzten zwei Alben auf, dass Turner und seine Begleitband, die Sleeping Souls, nach mehreren Jahren gemeinsamen Tourens nun endlich auch im Studio vollends zueinander gefunden haben. Denn während es bislang teilweise noch so klang, als hätte die Band erst deutlich nach Abschluss des Songwritings nur noch fix ihre Parts eingespielt, ist die Instrumentierung auf „Tape Deck Heart“ deutlich stimmiger.
Das hilft vor allem einem zukünftigen Live-Kracher wie „Four Simple Words“, aber auch der locker-leichte Gruß an den 80er-Jahre-Springsteen „Losing Days“ profitiert deutlich von dem neuen Einklang. Die reduzierten „Tell Tale Signs“ und „Anymore“ hingegen sind ein Verweis auf Turners Anfänge als einsamer Folk-Troubadour und dürften so manchen melancholischen Abend untermalen. Abgesehen vom Schlusssong „Broken Piano“, teils vorgetragen mit Kopfstimme auf sphärischen Klängen, hält das Album aber insgesamt wenig Überraschungen parat – wer Turner also bisher nicht mochte, der wird auch jetzt seine Meinung wahrscheinlich nicht ändern. Wer aber den Veröffentlichungstag kaum erwarten konnte, wird immer und immer wieder knapp 50 wunderbare Minuten mit „Tape Deck Heart“ verbringen.
Urteil:
Hier geht es noch zur Doku „The Way I Tend To Be“ und es gibt natürlich auch noch die aktuelle Single für euch im Video:
Tracklist:
1 | Recovery | 3:30 |
2 | Losing Days | 3:33 |
3 | The Way I Tend To Be | 3:42 |
4 | Plain Sailing Weather | 4:03 |
5 | Good & Gone | 3:51 |
6 | Tell Tale Signs | 4:14 |
7 | Four Simple Words | 4:57 |
8 | Polaroid Picture | 3:44 |
9 | The Fisher King Blues | 5:01 |
10 | Anymore | 3:11 |
11 | Oh Brother | 4:20 |
12 | Broken Piano | 5:31 |
Gesamtlaufzeit: | 49:42 |
Dies ist ein Gastbeitrag von Matthias Holz, selbst glühender Frank Turner-Fan. Die Beurteilung ist natürlich trotzdem extremst objektiv ausgefallen. :)
Danke für den super Tipp! Werd ich definitiv zu meiner to-listen-to-Liste hinzufügen!
Nice!
Auch von mir ein Danke dafür! Krasser Typ, noch nie was von ihm gehört, macht aber schnieke Mukke.
Pingback: Review: Frank Turner – Positive Songs For Negative People - Etwas lauter, etwas weniger tiefgründig, etwas schlechter | LangweileDich.net
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