TITEL | Afterlife (Partnerlink) | ARTIST | Disco Ensemble | |
RELEASE | 27.01.2017 | GENRE | Alternative-Rock | |
LABEL | Fullsteam Records / Omn Label Services (rough trade) | URTEIL | ||
KURZUM | Versuchte Pop-Flucht, die leider nicht immer gelingt. |
Schon komisch: Ich habe das komplette Jahr 2016 kein einziges ausführliches Albumreview hier veröffentlicht. Das lag zum einen an fehlender Zeit, aber auch irgendwie daran, dass die ganz großen Alben nicht da waren, auf die ich mich gefreut hatte – oder schlicht das Timing nicht passte. Jetzt aber! Mit „Afterlife“ liefert Disco Ensemble nach beinahe fünf Jahren endlich wieder ein neues Studioalbum (zuvor lagen meist 2-3 Jahre zwischen ihnen). Und weil ich schon ein kleiner Fanboy bin, gibt es jetzt mal wieder eine Detailbesprechung für euch. Genug der einleitenden Worte – PLAY!
Track by Track
Es beginnt etwas eigenartig. Ein zurück genommener Beat, der aus einem Kinderspielzeug stammen könnte, dazu krächzende „Reality“-Gesänge – ist das der finale Mix? Ist das die richtige Band? Das nach 24 Sekunden hereinbrechende Riff soll jedoch für Gewissheit sorgen. Leider ist das Riff auch der alleinige Star des Openers. Der Refrain ist kraftvoll und geht nach Vorne – der Gesang leider nicht. Stattdessen gibt es eine auf sanft getrimmte Kopfstimme – wieso nur? Hier vermisse ich den einen oder anderen Schrei.
Dann folgt mit „Fight Forever“ die erste Single der Platte. Die hatte ich zunächst als arg zu poppig angesehen. Mittlerweile gefällt mir der Bass-getriebene Sound-Teppich und die Songstruktur sehr. Und der Refrain bleibt einfach im Kopf hängen und will nicht mehr raus. Forever und ever ever…
„Disappear“ ist dann der erste „ganz nett“-Song. Zu seichter Gesang, zu langsam gestrickte Musik – insgesamt halt nicht das Wahre, aber eben auch kein Song, den man skippen muss. In Liebe verfallen dürften jedoch die wenigsten mit ihm. Der Titeltrack „Afterlife“ gibt sich atmosphärischer, ohne schnulzig zu wirken, was schon deutlich besser passt und sich hinten raus ganz gut strukturell entwickelt (auch wenn mir einzelne Songstücke und Zeilen etwas zu oft wiederholt werden). An großartige Stücke wie „Your Shadow“ (Warriors) kommt er dann aber leider nicht ran.
Einer der besten Songs der Platte folgt mit „Nothing More„, was auch die zweite Single-Auskopplung (leider bisher ohne Musikvideo, daher der Spotify-Hinweis). Dass ich ihn direkt gut fand lag vor allem an der etwas dreckigeren Aussprache von „Nothing“ im Refrain. Der Rest des Songs ist sicherlich kein totales Brett, macht aber eben Laune. Auch wenn hier ebenso hinten raus der ein oder andere Loop weniger nicht geschadet hätte…
Dann wirkt es seltsam bekannt. „Das Boot“ hat sich tatsächlich die Haupt-Melodie des Filmklassikers geschnappt und sie als Basis-Hook verwendet. Das funktioniert zu Beginn auch sehr gut, wenn man von der Melodie getrieben nach und nach aufbauend in den Song geleitet wird. Doch dann verebbt es komplett. Wie ein Ansturm, der jedes Mal wenige Zentimeter vor dem Aufprall stehen bleibt, sich zurück zieht und erneut anläuft. Da fehlt mir der komplette Ausbruch. Lediglich ein viel zu spät erscheinendes Gitarrenspiel weiß anzudeuten, was man da vermisst. Schade. Aber interessant: Erst hat mich das Intro sehr angesprochen, als ich den „Boot“-Zusammenhang bemerkte und es einmalig hörte, war es für mich der erste Skip-Track, mittlerweile kann ich wieder damit leben.
Etwas süffisant wirkt das darauf folgend gesungene „Hardcore People“. Nene, mit Hardcore hat das nicht mehr viel zu tun. Sehr verwaschener Song, der deutlich mehr Ecken und Kanten hätte gebrauchen können. Auch hier bricht die Gitarre erst in den letzten Takten komplett auf und zeigt, was-wäre-wenn…
Besser macht es „Face Down In A Fountain“, das mit einem satten Riff und auch mal forderndem Schlagzeugspiel daher kommt. Der pulsierende Gesang von Miikka Koivisto erinnert an die guten alten Zeiten. Und ja – endlich Geschrei! Und die verkürzte Laufzeit von 2:55 Minuten tut dem Song auch hörbar gut (alle anderen liegen eher um die vier Minuten). Starker Track, gerne mehr davon! „Surround Me“ wirkt danach zunächst wie ein Portal in die 80er. Sanfte Synthie-Sounds, und enorm zurückgenommene Bridge. Der Refrain knallt dann aber doch erfreulich und kann den Song noch herumdrehen.
Eine sehr gefällig ausgefeilte Melodie weiß einen gekonnt durch „Too Deep“ zu führen, das auch erfreulich fassettenreich daher kommt. Der totale Kracher-Moment fehlt, aber hier hätten wir noch einen etwas stärkeren „ganz nett“-Song. Vielleicht wäre der auch besser als Abschluss gewesen, denn „Midnight“ lässt ich jedes Mal etwas verloren zurück, wenn die letzten Takte ausgespielt wurden. Zu sachte, ohne wirklich atmosphärisch zu werden, zu durchproduziert, zu seicht, zu belanglos. Für mich einer der schwächsten Songs der Platte. Naja, so muss man wenigstens nicht skippen und stoppt einfach nach Track Zehn.
Ich habe die Band zu „First Aid Kit“-Zeiten (also etwa 2006) kennen und lieben gelernt. Damals hatte sich das „Aufholen“ der ersten EPs durchaus als keine Liebe auf den ersten Hör herausgestellt. Dreckiger Punkrock aus Finnland – der braucht seine Durchgänge, bis er sitzt, hängen bleibt und man ihn vollends zu schätzen weiß. Ähnlich ist es heutzutage – nur komplett anders herum. Viele Songs wirken zunächst zu poppig, zu sanft, zu simpel. Und plötzlich hängen die Melodien im Kopf fest und wollen nicht mehr raus. Das ist nun sicher nicht DAS Qualitätsmerkmal, aber vieles ist eben nicht so schlecht, wie man zunächst befürchtet. Viele Riffs sind sogar verdammt gut geworden. Und doch fehlt mir leider ein bisschen der Wumms hier und da und leider gibt es auch deutlich mehr Tracks, die nach Unten ausfallen, als nach Oben.
Aber einige der Songs werden live sicherlich verdammt gut kommen und vervollständigen die Setlist der Jungs auf sehr gute Art und Weise. An sich findet man mit „Afterlife“ ein absolut solides bis gutes Album, das merklich den Spagat zwischen evolutionierter, moderner Musik und den alten Wurzeln versucht. Das klappt dann halt nicht immer, aber immer öfter. Aber das hatte ich beim Vorgänger Warriors auch erst gedacht und mich dann doch mehr und mehr mit ihm angefreundet. Jetzt erscheint er im Vergleich aber deutlich wuchtiger, weniger unnütig mit Soundelemente vollgepackt und deutlich abgerundeter und tiefgehender.
Vielleicht wächst „Afterlife“ noch, aber aktuell hoffe ich, dass das nicht das Afterlife der Band ist, sondern noch ein weiterer Schritt folgen wird. Gerne nicht in die Radio-taugliche Pop-Richtung… (Aber das Artwork der Platte ist geil!)
„Afterlife“ Tracklist:
1 | Reality | 4:21 |
2 | Fight Forever | 4:06 |
3 | Disappear | 3:48 |
4 | Afterlife | 4:42 |
5 | Nothing More | 3:47 |
6 | Das Boot | 3:51 |
7 | Hardcore People | 3:32 |
8 | Face Down In A Fountain | 2:55 |
9 | Surround Me | 4:17 |
10 | Too Deep | 4:03 |
11 | Midnight | 4:08 |
Gesamtlaufzeit: | 43:30 |
„Afterlife“ Tour 2017 – präsentiert von LangweileDich.net!
Ich darf tatsächlich voller Stolz die Deutschland-Daten der Jungs präsentieren. Dazu (inklusive Ticket-Verlosung) demnächst mehr!
29.03.2017 Hamburg Knust
30.03.2017 Bremen Lagerhaus
31.03.2017 Lingen Alter Schlachthof
01.04.2017 Köln Luxor
02.04.2017 Berlin Musik & Frieden
04.04.2017 Leipzig Conne Island
05.04.2017 Wiesbaden Schlachthof
06.04.2017 München Kranhalle
07.04.2017 Stuttgart Club Cann
08.04.2017 Erlangen E-Werk
Tickets zu € 14,- im VVK
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