Review: Bonaparte - Sorry We're Open review_bonaparte_sorrywereopen
Titel: Sorry We’re OpenReview: Bonaparte - Sorry We're Open ir?t=lannetwebloto-21&l=as2&o=3&a=B0087Y80JY
Artist: Bonaparte
Release: 17.08.2012
Genre: Indie Rock-Elektro
Label: Warner Music International
Urteil: Review: Bonaparte - Sorry We're Open rating_stars_30
Kurzum: Kontrollierter Irrsinn findet Professionalität.

Tracklist:

1 When The Ship Is Thinking 2:37
2 Quarantine (feat. housemeister) 3:07
3 Sorry We’re Open 3:28
4 C’est A Moi Qu‘ Tu Parles? 4:10
5 40°42’48.46 N 73°58’18.38 W 0:59
6 Point & Shoot (feat. Siriusmo) 3:11
7 A Little Braindead 3:11
8 Manana Forever 3:27
9 Alles Schon Gesehen (feat. Deichkind) 3:07
10 53°32’26.81 N 09°58’47.28 E 1:50
11 Quick Fix 3:04
12 High Heels To Hell 4:04
13 In The Breaks 3:44
14 40°51’42.94 S 173°00’46.63 W 1:34
15 Bonahula 3:28
Gesamtlaufzeit: 48:20

 

Hach, was habe ich mich auf Sorry We’re Open gefreut. Bonaparte ist eine meiner persönlichen Entdeckungen der letzten Jahre. Genauer gesagt hat meine Freundin mir vom internationalen Ensemble vorgeschwärmt und beim BootBooHook 2011 haben sie mich dann live von den Socken gehauen. Seitdem laufen ihre Platten rauf und runter und ich versuche jedes Konzert mitzunehmen, was sich mir bietet. Denn ganz ehrlich: Bonaparte = live. Die Platten sind nur dafür da, eine Grundlage für das Abfeiern vor der Bühne zu schaffen.

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Und da bietet Sorry We’re Open leider nicht ganz das Kult-Potenzial, was die beiden Vorgänger auf Lager hatten. Aber im Einzelnen: Der Beginn ist epochal. Bereits beim Hurricane haben sie When The Ship Is Thinking als „Einmarschmusik“ genutzt. Ein dröhnender Bass, Akkordeantöne sowie eine robotische Stimme – eine absolut zu Bonaparte passende Mischung. Darauf folgt auch schon die Vorabsingle Quarantine. Ein verstimmtes Riff und ein Dance-Beat leiten den musikalischen Teil der Platte ein. Auch wenn der Track zunächst etwas sperrig erscheint, dürfte es durchaus groß werden, wenn tausende Kehlen „This ship is in quarantine!“ gröhlen.

Der Titeltrack kommt etwas ruhiger daher. Ungewohnt aufgeräumt und sachte beginnt der Song, so ein rechter Kick will leider auch im Refrain nicht aufkommen, auch wenn einige schöne Analogien zwischen Musikelementen und der Kriegswelt aufgestellt werden. Musikalisch geht mehr. C’Est À Moi Qu’Tu Parles kommt verrucht französisch daher. Ich versteh kein Wort außer „merde“. Mehrfach. Inhaltlich scheint’s also zu passen, musikalisch ist es leider auch nicht viel mehr als eine lange Überbrückung. Dann wird es das erste Mal richtig irre. Nicht nur, dass mit 40°42’48.46 N 73°58’18.38 W der erste von drei nach geografischen Koordinaten benannten Tracks kommt, nein, es ist im Grunde genommen ein 1-Minuten-Workout. „Good job, everybody“ tönt es aus den Lautsprechern. Beim ersten Mal hören lustig, beim zweiten Mal ist man tatsächlich froh, diese nervige Minute überstanden zu haben, ab dem neunten Mal freut man sich gar drauf. Hinter diesen Koordination verbirgt sich übrigens die Wiliamsburg Bridge in Brooklyn, New York.

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Point & Shoot ist ein solider Pop-Elektro-Song, der durchaus gefällige Elemente mit sich bringt und aufgrund seines melodisch-durchgetakteten Gesang durchaus im Ohr hängen bleibt, auch wenn man das eigentlich gar nicht möchte. A Little Braindead ist ein Song der alten Schule. Das elektronische Intro schallt dominant aus den Boxen und könnte auch von einem der Vorgängeralben stammen. Dann wird es jedoch polarisierend: Der „Strophengesang“ besteht nur aus verschwommenen Lauten, lediglich im Refrain sind Worte zu erkennen. Passt sicherlich zum allgemeinen Auftreten Bonapartes, jedoch fühle ich hier immer einen kleinen Hauch gegen geistig Behinderte. Vielleicht geht das nur mir so…

Bei Manana Forever ist man vorerst froh, wieder die normale Stimme vom schweizer Sänger Tobias Jundt in klaren Worten zu hören. Und dann ist es auch irgendwie chillig geworden. Schöner Kontrast. Dann folgt das Highlight auf dem Papier. Die Zusammenarbeit mit Deichkind, eine Kombi, die meiner Meinung nach nur eine Frage der Zeit war. Beide machene partytaugliche Musik und beiten eine unglaubliche Bühnenshow. Nur ist Bonaparte halt etwas mehr Gitarre als die Pyramidenköpfe. Alles schon gesehen wirkt beim ersten Lauf noch etwas sehr zahm, langweilig und enttäuschend. Hat man den Track aber ein paar mal gehört, funktioniert er. Deichkind hat hier ganz klar den Stempel aufgetrückt, aber der Call-Response-Stil hat was für sich. Würde ich ja gerne mal live sehen die beiden…

Dann folgt doch tatsächlich Hamburg, genauer gesagt die Elbe. 53°32’26.81 N 09°58’47.28 E widmet sich der stressigen Arbeitswoche. Nur der wochenendliche Refrain brigt kurze Erholungskur für die strapazierten Ohren. Das folgende Quick Fix birgt ein durchaus interessantes Riff, kann aber ansonsten nicht mit viel Spektakulärem überzeugen. High Heel To Hell schafft dagegen eine tolle Stimmung, lässt automatisch Bilder von leeren dunklen Gassen vor dem inneren Auge entstehen. Eine musikalische Farbe, die Bonaparte bislang selten gespielt hat, passt aber wunderbar in die Dramaturgie eines Albums und um stilvoll Luft zu holen. „In the breaks of my heartbeats – you remaine“ ist die beinahe romantische Aussage des folgenden Tracks. Ein erneut beeindruckender Song ohne viel Radau. Vielleicht die stärkste Stelle des gesamten Albums.

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Es geht aber tatsächlich noch ruhiger. 40°51’42.94 S 173°00’46.63 W (südpazifischer Ozean bei Neuseeland) bietet ein beinahe meditatives Zwischenspiel, ehe Bonahula zum standesgemäßen Abschlussirrsinn ansetzt. Affengleiche Schreie einer Frau(?) leiten den Track ein, der endlich mal wieder etwas lebendiger und bühnenhafter wird. Im Kopf spielen sich Unterhaltungsetablissments der Zwanziger Jahre ab. Lockerer Sound und plötzlich ist die Platte vorbei. Leider kein richtiger Big Bang, wie ich es erhofft hatte.

Urteil: Review: Bonaparte - Sorry We're Open rating_stars_30

Das war es auch schon. Ein Album, das weitaus professioneller gemixt daherkommt als die Vorgänger (das erste Mal wurde komplett im Studio produziert) und doch genau diesen Charme teils vermissen lässt. Es gibt schroffe und rauhe Ecken, auch der gewollte Irrsinn ist ebenso wie Kreativität immer wieder in Prisen zu entdecken. Die richtigen Kracher bleiben aber in der Unterzahl, zu viel ist nur elegantes Beiwerk. Und doch ist es das vielleicht vielseitigste und experimentellste Stück der Band. Und letztlich können Quarantine und Alles schon gesehen sicherlich die Live-Erlebnisse noch ein Stück mitreißender werden lassen. Und darauf kommt es doch am Ende an. Anti Anti!

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