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Beim siebten echten Studioalbum und nach 19 Jahren Bandbestehen kommen die Beatsteaks auf die Idee, das Album nach sich zu benennen. Scheint ja aktuell im Trend zu liegen, musikalische Selbstfindung, Wiedergeburt, Back to the roots oder einfach nur fehlende Kreativität, egal, es bietet jedenfalls Raum für Spekulationen und wichtig ist ja eh nicht, wie es heißt, sondern, wie es klingt. Aber auch hier scheinen die Berliner leider nicht genug Zeit in die Frage gesteckte zu haben, ob es nicht vielleicht doch noch besser geht?
Im Einzelnen: Kein großes Intro, wir werden mit einem „Good Morning!“ begrüßt und „A Real Paradise“ soll sich uns auftun. Der Sound ist satt, keine Spielereien. Und auch wenn der Song eher simpel gestrickt ist, schafft die Arnim Teutoburg-Weiß gottgegebene Sprachrhythmik, uns mitwippen zu lassen. Solider Auftakt. Mit DNA folgt der erste Vorab-Track des Albums, der bereits bekannt sein dürfte. Quasi das Milk & Honey dieser Platte. Und auch wenn es etwas mehr Fetz besitzt als der Vorgeschmacksvorgänger, wirkt es leider nicht ganz so melodisch und stimmig.
Das Folgende Be Smart And Breath hat sich Klang-technisch hier und da an Weezer bedient. Zumindest möchte ich stets im Refrain ein „Hash Pipe“ in den Track rufen. Dafür rockt der Song durchaus, wirkt wie ein angepunkter Auswurf alter Beatsteaks-Tage. Bei Make A Wish wird es etwas gesetzter, vermutlich, weil es der erste Track mit über drei Minuten Laufzeit ist und man sich auch mal Zeit lassen kann. Natürlich Blödsinn, aber der Klangteppich im Strophenbereich klingt nach einem verregneten Heimweg nach einem arbeitsreichen Tag. Emotional und atmosphärisch stark, die „Make A Wish“-Fanfaren gen Ende bringen durchaus noch etwas Zug in den Track.
Die von Boombox gewohnte Smoothness kommt dann in Everything Went Black hinzu. Die Bassline sitzt, der Sprechgesang von Arnim wirkt wie ein singender Geschichtenerzähler und Entertainer. Und dennoch wirkt es hier und da etwas zu seicht, es darf gerne mehr Ausschläge nach oben oder unten geben, markanter sein. Up On The Roof ist ebenso deutlich heruntergekürzt. Das Grollende Gitarrenriff, der wetzender Bass und durchwämmernde Beat werden lediglich durch partielle Kopfstimmeneinlagen aufgelockert. Wirkt wir ein schwergemütiges Zwischenspiel. Das Gefühl wird mit Pass The Message deutlich aufgelockert. Ein Gute-Laune-Song für den Sommer, der durchaus das Zeug zur zweiten Single hat. Und das, obwohl er eigentlich vom Grundsetup recht nah an dem erst vor zwei Tracks gehörten Everything Went Black gleicht.
Den nächsten Song habt ihr sicherlich bereits alle gehört und hoffentlich auch gesehen. Gentleman of the Year ist sicher kein Song, der beim ersten Hören alle zu Jubelschreien zwingt. Und doch hat er nach einigen Durchgängen einen bestimmten Drive und einfach einen stimmigen Aufbau. Dennoch wirkt es mir persönlich zu plattgepresst. Zu eindimensional. Und das ist leider bisher bei vielen Tracks gewesen. Es wirkt hier und da zu konservig, man möchte, dass die Beatsteaks einfach mal ausbrechen. Das passiert in Ansätzen zumindest bei Wicked Witch. Geschrieene Einlagen, verzerrte Gitarrenriffs, unkonventionelle Strukturversatzstücke – einer der stärksten Songs musikalischer Art auf der Platte. Auch wenn Titel und Refrain vielleicht etwas ungewöhnlich daherkommen und die letzte Mitgröhl-Abgehstimmung etwas abgeht.
Ein bisschen electric Boogie gibt es dann zu hören. Mehr will ich nicht vorwegnehmen. Creep Magnet scheint der Band ein bedeutsamer Titel zu sein, immerhin wurde die im Winter startende Hallentour danach benannt. Und auch wenn der Einstieg in den Track durchaus amüsant ist, will einem zunächst nicht einfallen, wieso das der Fall ist. Klar, beswingte Strophe, aber alles wirkt etwas zu stark herunter gefahren. Keine richtige Ballade voller Emotionen und Tiefgang, kein lockerer Popswing-Song. Und ehe man sich eine Meinung gemacht hat, auch schon wieder vorbei. Vorbei ist dann auch die Platte, zumindest fast. Der Abschlusstrack I Never Was bringt wenigstens schöne Textzeilen wie „I never was an Astronaut – I wish I was a drummer“ mit sich. Bleibt ansonsten aber eher unauffällig bis solide. Das abschließende „Good night!“ gibt wenigstens noch eine schöne Klammer zum Opening des Albums.
Urteil:
Und dann ist Schluss. Nach etwas über einer halben Stunde. Okay, das ist eigentlich nichts Neues, Boombox und Limbo Messiah hatten ebenso elf, Smack Smash und Living Targets immerhin zwölf Tracks, aber lediglich bei Letzterem waren es mal knapp 39 Minuten Laufzeit. Dennoch finde ich es immer schade, wenn Leute 15 bis 20 Euro für ein Album ausgeben, das dann nicht einmal die Hälfte des CD-Rohlings befüllt.
Aber zurück zum Wesentlichen: Beatsteaks kann leider nicht ganz die Erwartungen erfüllen. Meiner Meinung nach die bislang schwächste Platte der Band. Vieles wirkt zu eindimensional, zu plattgebügelt, zu simpel. Ich will jetzt nicht mit der großen „Die werden zu mainstreamig und radiotauglich!“-Nummer kommen, das täte ihnen nämlich Unrecht. Es ist jede Menge Drive drin und auch aggressive Gitarrentöne kommen vor, verzerrte Vocals und punkige Ansätze wie in alten Zeiten. Und doch wirkt es insgesamt nicht stimmig, es stechen keine Songs heraus. Viele Songs haben zwar Melodien und Segmente, die einem einfallen und die man innerlich mitgeht, wenn der Song angespielt wird, aber wenn mich so jemand fragt „welchen Song müsste ich denn unbedingt hören?“, könnte ich keine Antwort geben. Es fehlen Ecken und Kanten innerhalb der Songs selbst. Fast jeder Song hat ein besseres Äquivalent auf dem Vorgänger Boombox gehabt, an ein grandioses Limbo Messiah-Album kommt es eh bei Weitem nicht ran. Und auch live dürften nicht alle Songs einwandfrei funktionieren. Sehr schade um eine höchstsysmpathische Band, die vielleicht etwas länger über die Auswahl und das Arrangement der Songs hätte nachdenken sollen als über die des Albumtitels.
Tracklist:
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Tourdaten:
09.08.2014 Rostock Moya |
hab mich auch erst nach mehrmaligem durchhören mit boombox anfreunden können. mein lieblings beatsteaks album ist living targets und da klang es einfach zu soft und langweilig. jetzt gefällts mir aber ganz gut, es ist halt für ganz andere stimmungslagen geeignet, als der hardcore von früher.
werd trotzdem paar mal reinhören, mal sehen wie lange es beim neuen dauert!
@fokka: bin sehr auf deine Meinung gespannt, schreib sie gerne mal hier rein! Geschmäcker sind ja verschieden, aber hatte „Beatsteaks“ auch aufgrund der Erfahrungen von Boombox bestimmt ein Dutzend Durchläufe geschenkt, aber so ganz wollte es eben noch nicht überspringen…
Oh weh! Mach mir doch keine Angst! Meine wichtigste Platte des Jahres! :D
@Andi: vielleicht schraube ich ja nur deine Erwartungen runter und du bist dann völlig überrascht, wie geil die Platte ist?! :) Fürchte aber, dass dem nicht so sein wird. Letztlich aber Geschmackssache, schreib auch du gerne, wie du sie findest, wenn du Ohr anlegen konntest!
Darf man fragen wie du das Album schon hören konntest? Wie bist du da ran gekommen?
@Matt: ich werde von Labels bemustert, hier glücklicher Weise schon sehr früh vor Release.
*mimimimimimimimimi*
Geh doch selber Musik machen anstatt ein großartiges Album deartig unwürdig zu verreißen.
Könnte mich jedesmal aufregen bei solch selbsternannten Kritikern und Experten.
Haters gonna hate.
@(lieber anonym bleibender)Max Muster: süß. Jedem das Seine…
@Maik
Ich finde deinen „süß“ Kommentar arrogant und ganz furchtbar unsympathisch.
Schade, dein Blog ist nämlich toll :)
Ich werde ganz sicher nicht unter Klarnamen irgendwo kommentieren. Du heist bestimmt auch nicht Maik sondern Bernd oder Tom…
Das Beatsteaks Album läuft bei mir Schleife, ich fand beim ersten Hören schneller einen Zugang als bei Boombox und finde es ist keine „Konserve“ oder enttäuscht ganz furchtbar. Im Gegenteil, weder zu poppig, noch zu glatt. Einfach Beatsteaks. Wer immer noch ein echtes Punk Album erwartet sollte vielleicht andere Sachen hören oder einfach nichts dazu schreiben. Der Zug ist eh abgefahren.
Ich rezensiere keine Platten und habe auch keine „Ahnung von Musik“. Ich bin Konsument und mag die Band und das was da gerade rausgekommen ist, ist ein solides Album. Meiner unfachmännischen, subjektiven Meinung nach.
Mach doch mal ein Graffiti feature über meinen Tumblr, falls da Interesse besteht.
Gruß!
MM
Live soll das nich funktionieren???ich glaube nach 20 Jahren Banderfahrung weiß man ganz genau, was live geht, und was nicht…insgesamt großartiges Album, welches Boombox weierentwickelt, ohne jedoch so poppig zu sein…abgesehen von zwei Ausnahmen
@Max Muster: wie man in den Wald ruft… Und ich betreibe eine Website inklusive rechtlich vorgesehenem Impressum, natürlich ist das mein Name. Dein zweiter Kommentar besitzt wenigstens etwas Gehalt und eine eigene Meinungsausführung, wieso nicht gleich so, sondern plump anti? Letztlich ist Musik immer Geschmackssache, ich bin eben enttäuscht von der Platte und scheine da auch nicht der einzige „Kritiker“ zu sein, der so denkt.
@Lotterich: klar, ein paar Tracks mögen funktionieren, aber wirkliche Brecher sind eigentlich nicht wirklich dabei. Aber auch hier: Geschmackssache. Mir sind „Let Me In“ und Co. aber bei weitem lieber.
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