Irgendwie hat es sich ergeben, dass ich einige potenziell für die Juni-Kurzreviews passende Platten erst am Erscheinungstag anhören konnte, so dass dann doch mehr als mir eigentlich lieb sind diesen Monat aufgegriffen werden. Aber genau bei denen handelt es sich um die größeren Namen, zu denen ich auch ganz gerne was kundtun möchte. Dafür gibt es aber auch insgesamt acht Platten diesen Monat und auch ein paar, die passend heute oder gar erst in der zweiten Juli-Hälfte auf den Markt kommen.
Review: Pray for the Wicked (Panic! at the Disco)
Release: 22.06.2018 | Genre: Pop-Rock | Spotify
Die Ein-Mann-Band Brandon „Panic! at the Disco“ Urie entwickelt sich weiter zur Allround-Entertainment-Show und weg von den einstigen Emo-Wurzeln. Das gibt sich auf „Pray for the Wicked“ zwar erfreulich abwechslungsreich, lebensbejahend und tanzbar, am Ende ist mir das aber zu sehr auf ständiges Mit-Jubeln in poppigen Radio-Songs aus. Dazu hat man mittlerweile das Gefühl, das so ziemlich jedes Instrument der Welt auf dieser Platte ist – zulasten der E-Gitarre. Das ist dann eben eher „Roaring 20s“ als „Rocking 00s“. Und doch muss ich sagen, dass skurrilerweise die experimentelleren Ausreißer bei mir am meisten punkten können. Das elektronisch angehauchte „One of the Drunks“ hat was und nach den ganzen Dauerbläsern ist das zurückgenommene „Dying In LA“ ein wahrer Ohrenschmaus – vor allem dieser hoch-springende „DYING in LA!“-Ruf zwischendrin.
Review: Head Over Heels (Chromeo)
Release: 15.06.2018 | Genre: Funk | Spotify
Funk is back, tanzbar und cool. Aber irgendwas fehlt. Ich weiß gar nicht so genau, was. Aber bei den vorherigen Chromeo-Platten hatte ich immer so meine Highlights, die sie ausgemacht haben. „Head Over Heels“ wirkt dagegen überspielt, sich wiederholend und textlich einen Schritt über die Grenze vom Ironischen zum Billigen. Die Zeile „Bedroom calling, better pick it up!“ fasst für mich eigentlich alles ganz passend zusammen. Sind die ersten Songs noch vielversprechend energiereich, verliert sich das Album hintenraus zu sehr in funkigen Spielereien und R’n’B-Einfluss. Schade.
Review: Dare (The Hunna)
Release: 13.07.2018 | Genre: Alternative Rock | Spotify
Die schwierige zweite Platte – The Hunna haben sie gemeistert. Auch wenn die Frische des Debüts „100“ nicht zu 100 Prozent erreicht werden könnte, überzeugt auch „Dare“ mit energetischem Pop-Rock, der im Kopf bleibt. Gute Laune-Rock mit absoluter Live-Qualität. Herausstechen bei mir kurioserweise die letzten beiden Tracks der Platte. Das sich nach und nach aufbauende „Mother“ weiß durch Emotionalität und Atmostphäre zu überzeugen, Closer „Y.D.W.I.W.M.“ (You Don’t Want It With Me) ist der rotzigste Song auf dem Album und ein gekonnter Schluss-Akkord.
Review: Post Traumatic (Mike Shinoda)
Release: 15.06.2018 | Genre: Hip Hop | Spotify
Im Rahmen der ersten Single-Auskopplung „Ghosts“ hatte ich ja bereits angerissen, dass ich gemischte Gefühle hinsichtlich dieses Releases habe. In einer Woche jährt sich der Todestag von Linkin Park-Sänger Chester Bennington zum ersten Mal und bereits vor einem Monat erschien das Solo-Album von Bandkollege Mike Shinoda. Vielleicht hatte er eh schon vieles vom Material in der Schublade und zwischen den Band-Platten einen Solo-Release angestrebt, vor allem dürfte aber die Flucht in die Musik den schlimmen Trauerfall besser verarbeiten lassen haben. Vor allem zu Beginn der Platte mit dem offensichtlich darauf abspielenden Titel „Post Traumatic“ kommt Shinoda uns ganz nahe und lässt seine Emotionen raus. Das wirkt ehrlich und sehr eindringlich. Auch gibt es wie z.B. bei „Watching As I Fall“ tolle Beats und teils eingängige Hooks – der Flow Shinodas ist eh gut – aber insgesamt wirkt das Album eher wie ein besseres Mixtape. Mich packt da rein musikalisch einfach zu wenig. Vielleicht ist da im Hinterkopf aber auch einfach noch zu viel eigener Frust, der eine faire Beurteilung unmöglich werden lässt… P.S.: Mein PSN-Nick ist seit Ewigkeiten (auch weil man es nicht mehr ändern kann) „Maik_Skinkowda“.
Review: Lover Monster (Amy Shark)
Release: 13.07.2018 | Genre: Singer Songwriter-Pop | Spotify
Mein absolutes Highlight diesen Monat (neben The Hunna, das Album habe ich aber bereits eine Weile länger zur Verfügung). Die Singer Songwriterin Amy Shark gibt sich stimmlich, stimmungstechnisch wie musikalisch äußerst wandlungsfähig auf ihrem ersten richtigen Studioalbum. Folk, Pop, Elektro, Singer Songwriter, und, und, und. Dabei erinnert die Australierin z.B. in „Alle Loved Up“ an Chvrches oder in „The Idiot“ an Alanis Morissette. Eine moderne Genre-Mischung, die Spaß macht. Und dazu ist das Cover auch noch das harmonischste diesen Monat.
Review: The Moths of What I Want Will Eat Me in My Sleep (Jealous Of The Birds)
Release: 20.07.2018 | Genre: Pop-Rock | Spotify
Ja, eine EP hat es immer leichter, abwechslungsreich, frisch und ausgewogen zu wirken. Aber die Zeit, die man einspart, sie mehrfach zu hören, verliert man bei „The Moths of What I Want Will Eat Me in My Sleep“ wieder beim Lesen des Titels. Uff! Aber bis zum Release kommende Woche habt ihr ja noch etwas Zeit, den auswendig zu lernen. Ansonsten müsste man eigentlich zu jedem Song ein eigenes Review machen, so unterschiedlich, wie sie ausfallen. Mache ich jetzt auch!
1. „Plastic Skeletons“: Punk-Pop, der verträumt beginnt und trotzig-rotzig endet. Nett, aber etwas zu unausgegoren.
2. „Miss Misanthrope“: Viel ruhiger, Hall, als wäre es ein zurückgenommener Kirchengesang, inklusive Kanon. Melodisch, aber zu handzahm.
3. „Trouble In Bohemia“: Eine Mischung aus den ersten beiden Songs.
4. „Tonight I Feel Like Kafka“: Melancholisch, abstrakt, zurückgenommen, künstlerisch wertvoll.
5. „Russian Doll“: Mein Favorit, am ehesten lockerer Alternative-Rock, am lebendigsten und klarsten.
Review: Uniform Distortion (Jim James)
Release: 29.06.2018 | Genre: Alternative Rock | Spotify
Der My Morning Jacket-Frontmann Jim James bringt kraftvollen Classic Rock mit Country-Elementen in diese Monatsrunde. Dabei überzeugen mich vor allem die kreischend-verzerrten Gitarren, auch wenn die eingeschlagenen Soli manchmal genau wie die Stimm-Verzerrung über das Ziel hinausschießen (bei „Yes To Everything“ zum Beispiel). Insgesamt sind mir die Songs in Struktur und ihren Elementen zu ähnlich, aber die Platte hat Charakter und Biss. Lieblingstrack: „You Get To Rome“.
Review: Year Zero (The Spitfires)
Release: 27.07.2018 | Genre: Indie-Rock | Spotify
Wahrscheinlich bereue ich es im August, dass ich mir diese Platte nicht aufgehoben habe, wenn ich dann händeringend nach einem dritten besprechbaren Album ringe. Aber egal, acht ist eine schöne Zahl und so bin ich wenigstens mal zwei Wochen vor Erscheinung mit einer Meinung draußen. Aber genug zum unwesentlichen Drumherum, denn die Briten kommen beim starken Opener „Remains The Same“ doch auch schnell zur Sache. Moderner Indie-Rock mit Anleihen von z.B. Modest Mouse oder Hard-Fi.
Albumtitel sind Amazon-Partnerlinks.
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