Diesen Monat bin ich mal besonders pünktlich dran, was ja eigentlich ganz gut passt, weil wir durch die anstehenden Feiertage und den Jahresendspurt ja eh schon alle gestresst genug sind. Wie wäre es da mit ein bisschen entspannender Musik? Einfach mal drauf einlassen, da habe ich einen wunderbaren Anspieltipp für euch – und fünf weitere Platten, die ihr wie gewohnt mit hochsubjektiver Note und Hörbeispiel präsentiert bekommt. Und ab dafür!
Review: Schlagschatten (AnnenMayKantereit)
Release: 07.12.2018 | Genre: Singer Songwriter-Pop | Spotify
„Die Vögel scheißen vom Himmel“ heißen die ersten Zeilen des neuen Albums von AMK (in Zeiten von AKK kürzt man ja ab…). Dabei muss ich beim Opener „Marie“ die ganze Zeit an Joachim Deutschland denken und frage mich innerlich, wo sie denn jetzt ist, die Marie? Der Auftakt wirkt jedenfalls nicht vollends gegenwärtig. „Nur wegen dir“ ist dagegen eine durchaus mitnehmende Nummer. Und schon haben wir die Mixtur der Platte. Es folgen Songs mit Tanzmotivation auf musikalische Nichtigkeiten und offenkundige atmosphärische Entlehnungen von Bilderbuch und Konsorten, der Rio Reiser-Spirit weht eh noch unentwegen mit. Aber man muss den Jungs lassen, abwechslungsreich ist es und melodiös ist da viel Eingängiges bei. Textlich ist mir das manchmal etwas zu flach, aber „ich versteck mich [ja auch nur] hinter klugen Sätzen“…
Review: Heart To Mouth (LP)
Release: 07.12.2018 | Genre: Pop | Spotify
Wow, vor ziemlich genau zwei Jahren am 16.12.2016 hatte ich die letzte LP-LP in meinen Kurzreviews. Am Ende des Jahres landete „Lost On You“ in meinen Jahrescharts auf Rang 4. Das dürfte dieses Jahr mit dem Nachfolger „Heart To Mouth“ nicht passieren. Beim ersten Durchlauf des Albums war ich gerade zu schockiert. Wo sind nur die Kanten? Wo ist das Raue? Die Energie?! Stattdessen gibt es viel Dauergejaule (vor allem beim Auftakt von „The Power“). Aber befasst mich sich etwas mehr mit der Platte, wird schnell wieder klar, weshalb LP so eine begnadete Songwriterin ist. Songstrukturen kann sie, und auch ihre markante Stimmfarbe findet sich mehrmals wieder, ebenso wie eingängigere Uptempo-Parts, zum Beispiel in „Girls Go Wild“. Man muss nur leider deutlich länger suchen als zuvor. Insgesamt für meinen Geschmack ein Rückschritt.
Review: Dear Boy (Tom Allan & The Strangest)
Release: 16.11.2018 | Genre: Indie-Rock | Spotify
Endlich mal wieder richtiger Indie-Rock! Das schreien einem die ersten Takte des Openers „Fingers UP“ direkt in bester Kasabian-Manier entgegen. Hinten raus kommt noch etwas Oasis dazu, insgesamt weiß die Platte aber mit ihrer Musik in Reinform zu überzeugen. Klare Aussagen, noch klarere Klangstrukturen. Ein gut gespieltes Schlagzeug mit Charakter kann mich eh immer recht schnell einfangen. Highlights: „Emergency Call“, „Fingers UP“ und „By My Side“.
Review: X-Dreamer (LeRiche)
Release: 23.11.2018 | Genre: Singer Songwriter-Melancholie | Spotify
Etwas untypisch für mich ist mein Album des Monats ein besonders ruhiges. Der aus Neufundland stammende LeRiche wirkt mehr wie ein Erzähler fantastischer Geschichten, denn ein einfacher Sänger. Die Songs sind wundervoll arrangiert und bieten auch musikalisch einige Detailverliebtheiten. Alles wirkt sehr liebevoll und durchdacht arrangiert, da hat sich jemand Zeit genommen und gefeilt, gefeilt, gefeilt. Nur das bewusst ins verschroben-Verzogene übergehende Ende von „Briefcase Full Of Booze“ gefällt mir gar nicht und hat eine höhere Bewertung verhindert. Stimmlich erinnert LeRiche mich immer mal an den tollen Lukas Graham, stimmungstechnisch an die guten älteren The Script-Zeiten.
Review: A Brief Inquiry Into Online Relationships (The 1975)
Release: 30.11.2018 | Genre: Indie-Poprock | Spotify
The 1975 hatte ich 2013 zu Zeiten ihres selbstbetitelten Debütalbums mit so tollen Songs wie „The City“ kennengelernt. Seitdem geht der Rock-Anteil leider immer mehr zulasten quietischer Popigkeit verloren. Da wirkt es gar wie eine Art Neuerfindung oder -Justierung, dass der mit Autotune verseuchte Intro-Track ebenfalls „The 1975“ heißt. Danach folgt viel R’n’B-esques Pop-Gedudel, das in an schlechte Hip Hop-Songs erinnernde Übel wie „I Like America & America Likes Me“ gipfelt. Am interessantesten ist noch das folgende „The Man Who Married A Robot / Love Theme“, wo eine Roboterstimme uns die Liebe zum Internet in einer Geschichte erzählt. Musikalisch totaler Mist, eher ein Zwischenspiel unter vielen klanglichen und vor allem elektronischen Experimenten, aber eben eine originelle Geschichte. Musikalisch ist „Mine“ noch am interessantesten, das als smoothe Jazz-Nummer durchgehen könnte. Ansonsten bleibt noch „Give Yourself A Try“ als einziger Song alter Schule.
Review: Are We There Yet? (We Invented Paris)
Release: 12.12.2018 | Genre: Indie-Pop | Spotify
Auf der Zielgeraden dieses Beitrages haben sich We Invented Paris noch schnell zwischengemogelt. Überraschend haben sie vorgestern einfach mal ein Album in die Welt gesetzt. Nur über Bandcamp, dafür noch bis Anfang Januar für euren eigenst gewählten Preis (der auch 0 Euro betragen könnte…) dort zu beziehen (s. Link oben). Musikalisch kann die gerademal acht Songs und 29 Minuten umfassende Platte aber nicht mit dem Vorgänger „Catastrophe“ mithalten, dafür sind mir persönlich zu viele Totalausfälle unter den Songs. Zum Tanzen regt auch wenig bis gar nichts an, vielleicht ändere ich meine Meinung aber noch, wenn ich es mehr als die bisherigen drei Male gehört habe.
Ein Musikvideo gibt es zur Platte (noch?) gar nicht, daher hier einfach der Albumplayer:
Albumtitel sind Amazon-Partnerlinks.
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