Diesen Monat konnte ich mich einfach nicht entscheiden, welche Alben ich NICHT hier aufnehmen möchte – also sind es kurzerhand formschöne sieben(!) geworden. Das zu meinem Plan, hier immer ein Plattenquartett vorzustellen… Aber es war eben zu viel los in den letzten Wochen und zu vieles hat sich meinungsstark in meine Ohren gebohrt. Daher hier vom Kassenschlager bis zum Geheimtipp meine Platten des Monats im Schnelldurchlauf inklusive Hörbeispiele.
Review: Advanced Chemistry (Beginner)
Release: 26.08.2016 | Spotify
Urteil:
Auf das Comeback der (Die (absoluten)) Beginner hatte ich mich sehr gefreut. Ich meine, wer nicht? Auf der Platte sind etliche namhafte Features, viele unterschiedliche Nuancen und insgesamt sehr schöne Lyrics, die nicht selten auch ein bisschen Nostalgie an die Anfänge aufkeimen lässt. Auch wenn ich die Vorab-Single „Ahnma“ sehr enttäuschend fand, ist die Platte es definitiv nicht. Dennoch gibt es mit Songs wie „Schelle“ und vor allem dem unglaublich schlechten Haftbefehl-Part (und allgemein nicht so tollen Track) „Macha Macha“ ein paar Tracks, die mir gar nicht gefallen. Dafür erfreue ich mich an starken Statements wie dem Dendemann-Feature „So schön“, „Kater“ oder „Spam“. Ein bisschen „Rap & fette Bässe“ gibt es zwar auch noch, hätte aber gerne mehr Uptempo sein dürfen.
Review: Genau in diesem Ton (Jennifer Rostock)
Release: 09.09.2016 | Spotify
Urteil:
Eigentlich ist das Album nicht schlecht. Es gibt einige eingängige Hooks, die Aggressivität stimmt, aber ich tue mich schwer an einigen Lyrics, die zwar „ironisch platt“ sein wollen, aber es hier und da übertreiben mit der Simpelhaftigkeit in Kombination mit Poesiealbum-Lyrik und ostdeutscher Kaltschnäuzigkeit. Und eben die Sache, dass hier und da Volksmusik gedisst wird (was ja nicht schlimm ist), aber ein Track wie „Wir waren hier“ selbst wie aus dem Musikantenstadl kommend klingt. Dazu recycled man den „Kopf Oder Zahl“-Klang bei „Neider machen Leute“ und es gibt so einige Ausfälle. Aber eben auch recht viel Drive und stimmige Songs wie „Leuchttürme“ oder „Silikon gegen Sexismus“. Aber das letzte Album „Schlaflos“ fand ich besser.
Review: Turbofunk (Der Wolf)
Release: 05.08.2016 | Spotify
Urteil:
Hach ja – „0231 represent“! Der unheimlich sympathische Wolf hatte mir erst kürzlich ein Interview zum Comeback gegeben. Leider ist das nicht komplett geglückt. Ein Intro, in dem die Beteiligten der Platte aufgeführt werden ist super, aber wenn es eigentlich erst nach drei Minuten wirklich losgeht und man dank längerem Skit IM zweiten Track nicht einmal richtig zum Start skippen kann – unglücklich. Ansonsten gefällt mir der Flow gut und es gibt einige überraschend starke Stellen. „Wolf GTI“ ist ein erfreulich starker Track und es gibt inhaltlich viele Einblicke in das Wolf’sche Leben. Das Sista Silk-Feature ist auch sehr nett anzuhören, wenn auch auf Dauer etwas überstrapaziert, ist sie auf einer Hand voll Songs zu hören. So bleibt sehr viel Abwechslung, ähnlich viel Oldschooligkeit und die ein oder andere Sache, bei der man „stets bemüht“ festhalten könnte. Vielleicht wäre weniger hier mehr gewesen.
Review: Habicht (I am Jerry)
Release: 12.08.2016 | Spotify
Urteil:
Die deutschen „Bilderbuch“ liefern ein sehr solides Erstlingswerk ab. Partyrock der energetisch-euphorischen Art, die aber doch anzuecken weiß. Lyrisch sind die deutschen „Arctic Monkeys“ zwar nicht immer im Feuilleton unterwegs, aber das muss es zwischen „LSD“ und „Vollkontakt“ auch gar nicht. Das ist Mucke für die Massen, die Laune macht und abwechslungsreich ist. Und auch wenn die deutschen Kanye Wests ziemliche viele Stile und Stilmittel vereinen, bilden sie daraus dann doch irgendwie eine eigene Mischung. So dass dann nächstes Jahr vielleicht jemand in den USA über einen Artist „the American I am Jerry“ schreibt.
Review: Washed Away (Rooney)
Release: 29.07.2016 | Spotify
Urteil:
Dass die lockerleichten „When Did Your Heart Go Missing?“-Zeiten vorbei sind, merkt man schnell. Der Sound ist schwerer, volumiger und Synthie-lastiger geworden. Und doch bleibt es energetisch-dynamisch. Songs wie „My Heart Beats 4 U“ packen einen trotz fehlenden Tempos, „Do You Have To Go“ ist sogar etwas uptempo – insgesamt bleibt es mir aber zu gefällig und träge. Fällt so ein bisschen in die Kategorie „nett für nebenher“, die ich zur Zusammenstellung meiner Topliste zum Jahresabschluss vergessen habe.
Review: 100 (The Hunna)
Release: 26.08.2016 | Spotify
Urteil:
Meine Platte des Monats. Wollte ich eigentlich schon letzten Monat bringen, aber passt zeitlich hier besser rein. Frischer Sound, der es schafft, zwischen rockig und leicht zu pendeln. Dabei gibt es ungemein ausbalancierte Melodien und kraftvolle Refrains zu hören. Eine starke Mischung, die aber keineswegs einseitig ist. Das Album zeigt sich wandelbar und stimmungsvoll – egal, ob nun euphorisch oder nachdenklich. Eine tolle und emotionale Fahrt, die Spaß macht und einfach nur ein gelungenes Debüt der Newcomer aus UK!
Review: Bodacious (Purple)
Release: 29.07.2016 | Spotify
Urteil:
Vielleicht die Überraschung der letzten Wochen für mich. Ein nichtssagender Bandname und eine auf den ersten Hör zu schrille Stimme. Denn wenn die texanische Punk-Sängerin erstmal ihre Stimme umbricht, wirkt es wie Schleifpapier im Vergleich zum sanften Stimmlein, das uns noch in der Strophe verzaubert hatte. Aber genau dieses Spiel mit Gegensätzen und Überraschungen macht den Sound der Truppe aus. Dann springt der Sänger ein, es wird funkig wie in alten Chili Peppers-Zeiten oder grungig oder poppig oder Gwen Stefani-reggaeig – ihr merkt: abwechslungsreich eben. Eine Platte mit Charakter für jeden, der mal wieder ein bisschen originelle Stimmung machen und den Nachbarn zeigen will, dass Punk nicht tot ist!
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