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2000 war ich 14 Jahre alt und mit Hybrid Theory hat Linkin Park genau in mein jugendliches Herz getroffen. Auf einen Schlag waren die Jungs mit ihrem modernen Mix aus Rock und Rap meine Lieblingsband, ich habe sogar noch heute den (nicht änderbaren) Nicknamen „Maik_Skiknowda“ im Playstation Network. Die Band hat einen ungemeinen Prozess durchlaufen, tolle Live-, Remix- und Mashup-Platten rausgebracht, letztlich aber irgendwie den Mund nicht vollbekommen und aufgrund der Massentauglichkeit die ein oder andere Prise Pop zuviel in ihre Musik gelegt. Minutes To Midight hat bereits mit rund 50% der Tracks angedeutet, wie sich das entwickelt, die folgenden A Thousand Suns (2010: #8) und Living Things (2012: 14) haben es bestätigt. Doch da habe ich auch folgendes zu geschrieben gehabt:
„Und doch gibt es endlich wieder brachiales Geschrei, den ursprünglichen Mix aus Rap (Mike) und Gesang (Chester) und einige wahrhaft unkonventionelle Experimente. Ein Schritt zurück in die richtige Richtung!“
Diesen Weg sind Linkin Park glücklicherweise weiter geschritten. Nicht nur haben sie jüngst bei Rock am Ring gezeigt, dass noch rocken können, nein, auch das Album wagt sich wieder, etwas zu wagen. Vermutlich hat man eingesehen, dass die maximal mögliche Bekanntheit erreicht ist, jetzt kann man den Millionen auch wieder das reindrücken, was man ursprünglich mal machen wollte: harte und ehrliche Rockmusik. Und doch hat sich die Musik im Vergleich zu 2000 massiv geändert, ist (logisch) moderner geworden und wirkt deutlich industrieller und experimenteller, teils aber gar ein bisschen Metal.
„Wir sind keine 18-jährigen Kids, die ein lautes Album machen. Wir sind 37-jährige Erwachsene, die ein lautes Album machen. Und was uns heute ärgerlich macht ist etwas anderes als das, was uns früher ärgerlich machte.“ (Mike Shinoda)
Zum Album: mit den technisch verzerrten und geschrienen Worten „No Control, no surprise“ begrüßt uns Chester Bennington in den ersten Sekunden. Eins trammes Riff, dreschende Drums – schnell wird klar, dass Linkin Park hier nicht zur Kaffeestunde gekommen ist. Der harmonische Gesang/Rap von Shinoda wirkt als gelungener Gegenpart. Das ist die alte Mischung, die LP ausgemacht hat. Auch All For Nothing geht nach der gleichen Rezeptur vor, mit dem Unterschied, dass mit Page Hamilton eine ungewohnte Stimme im Refrain hinzukommt. Geschmackssache, nicht so stark, wie der Eingangstrack.
Guilty All The Same ist ja schon eine Weile vor Release bekannt geworden. Hartes Riff, düstere Sounds, langes Intro – einfach ein verdammtes Brett! Auch wenn die Rap-Parts hinten heraus arg an die Musik von Nevada Tan (aka. Panik) anhört, glaube ich nicht, dass die Jungs die Band aus Neumünster auch nur kennen (und das war damals eher anders herum inspiriert). Das Zwischenspiel The Summoning hilft uns, kurz durchzuschnaufen. Aus Stille entsteht jedoch nach und nach Krach, der sich in War aufbricht. Ein „One, two – one, two, three, for!“ gab es auch noch nicht so oft in der Geschichte Linkin Parks zu hören. Richtigen Punk bekommen wir in dem passend kurzem Zweiminüter zu hören. Definitiv unerwartet, aber geil!
Da kommt Wastelands beinahe handzahm rüber. Immer wieder erstaunlich, welche Facetten Bennington in seiner Stimme hat, nach rauhem Geschrei folgt glockenklarer Gesang. Ist im Refrain zwar nicht ganz überzeugend, aber der tiefe Break im letzten Drittel holt das wieder raus. Dann folgt mit Until It’s Gone die aktuelle Single (s. Video folgend). Definitiv der Massentauglichste Song bislang und daher vermutlich ganz gut ausgewählt. Mit ePad-Tonfolgen hat die Band ja auch eingangs öfter mal gepunktet. Dazu passt die Mischung aus ruhiger Strophe und klirrendem Refrain.
Dann wird es mit Rebellion beinahe Metalig. Kommt der Sound bekannt vor im Intro? Kein Wunder, Scars On Broadway-Frontmann und System of a Down-Gitarrist Daron Malakian ist mit von der Partie. Starkes Feature, guter Sound-Teppich, leider kommt Malakian jedoch selbst nicht zu Wort und der Gesang von Shinoda passt in der ersten Hälfte einfach nicht. Schade, hätte DER Knaller-Track werden können. Mark The Graves hätte vom Intro her auch auf eines der letzten Alben passen können. Bricht dann jedoch brachial aus, konzentriert sich rund anderthalb Minuten lang auf Instrumental, eher Chesters Stimme für zwischenzeitliche Ruhe sorgt. Das simple aber satte Riff gibt dem Song jedoch Charakter, auch wenn er vielleicht einen Tacken zu lang geraten ist.
Noch ein namenhaftes Feature – erneut an der Gitarren-Position – folgt mit Rage Against the Machine-Gitarrist Tom Morello. Drawbar kommt als atmosphärisches Zwischenspiel daher, das vor allem mit dem Piano-Outro für unerwartete und komplettierende Töne sorgen kann. Final Masquerade ist so etwas wie die Rock-Ballade vom Album. Melodische Bridge, netter Sound-Teppich, aber leider nicht so durchdringend. Abschließend folgt mit A Line In The Sand nicht nur der längste, sondern auch der vielseitigste Track der Platte. Seelenruhiges Gesangsintro, metalgleicher Gitarren-Teppich und rappende Zwischenparts. Headbangbares Material – ein Song, bei dem das Live-Publikum ordentlich abgehen dürfte! Und ein gelungener Querschnitt des Albums und atmosphärischer Abschluss.
Urteil:
Puh! Ganz ehrlich, ich war ganz schön überrascht. Ja, „back to the roots“ und „rauhe Töne“ hat man vorab in der Presse vernommen, aber das sagen mittelalterne Rockstars ja ganz gerne Mal. The Hunting Party ist aber tatsächlich eine Dreiviertel-Stunde auf die Glocke. Die Gitarren waren noch nie so brachial gestimmt und die Pausen sind effektiv eingesetzt, nicht zu lang und doch wirkt das Album abwechslungsreich. Schade sind nur ein, zwei vertane Potenziale, bspw. bei den Features, und, dass nicht wirklich viele Songs als geniale Tracks herausstechen können. Bandprägende Mega-Hits werden hier vielleicht nicht erschienen sein, aber das Album kann in seiner Komplettheit und Struktur vielleicht das beste der Bandgeschichte werden. Punkt.
Tracklist:
1 | Key To The Kingdom | 3:38 |
2 | All For Nothing (ft. Page Hamilton) | 3:34 |
3 | Guilty All The Same (ft. Rakim) | 5:55 |
4 | The Summoning | 1:01 |
5 | War | 2:12 |
6 | Wastelands | 3:16 |
7 | Until It’s Gone | 3:53 |
8 | Rebellion (ft. Daron Malakion) | 3:44 |
9 | Mark The Graves | 5:05 |
10 | Drawbar (ft. Tom Morello) | 3:27 |
11 | Final Masquerade | 3:38 | 12 | A Line In The Sand | 6:35 |
Gesamtlaufzeit: | 45:18 |
Bin ebenfalls seit hybrid theory fan und werde mir weiterhin jedes album kaufen :)