Du probierst einiges aus auf der neuen Platte. Auch Sprechgesang. Ich habe schon von mehreren Leuten gehört, dass sie sich daran erst einmal gewöhnen mussten. Wie war das bei der Aufnahme des Albums und wie ist es, wenn du es jetzt selbst hörst? Musstest du dich auch selbst erst daran gewöhnen?
Ich habe ja schon bei …But Alive in den Neunzigern gespielt. Da haben wir auch schon Sprechgesang gehabt, im Punk-Kontext. Da mussten sich die Leute auch schon dran gewöhnen, für mich ist das alles nichts Neues. Weil ich Hip Hop auch schon immer gehört habe. Ich liebe Hip Hop. Ich finde, das ist eine ganz tolle Musikrichtung, gerade, weil das Wort so viel Raum bekommt. Für mich ist das eine ganz spannende Musikrichtung, wo man viel mit Wörtern machen kann. Und weil ich ein Mann des Wortes bin, war es für mich naheliegend, mal wieder darauf zurück zu kommen.
Welches Internetbildchen hat dich auf den Ausdruck „Haters gonna hate“ gebracht?
Ich habe das später auch erfahren… Ich hatte nur diesen lässigen Ausdruck „Haters gonna hate“ irgendwann man – vermutlich in irgendeinem Kommentarfeld oder so – aufgenommen. Weil das so ein lässiger Kommentar ist zu diesem ganzen Hasskosmos, muss man ja fast schon sagen. Der Hintergrund des Songs ist, dass ich mal einen Artikel gelesen habe, dass der digitale Hass mittlerweile solche Auswüchse hat, dass Menschen, die dem ausgesetzt waren, in die Therapie mussten.
Dann hatte ich ein sehr gutes Buch zu gelesen, was das auch noch einmal sehr gut zusammen fasst – das heißt „Meute mit Meinung“ – und dann habe ich den Song geschrieben. Es klingt so doof, weil man selbst, gerade ich als öffentliche Person, sich solchen Meinungen ausgesetzt sieht, einfach zu sagen: die werden immer hassen. Es ist ganz egal, was du machst, du kannst Mozart und sein Genie übertroffen haben, sie würden das hassen. Es gibt so Leute, die haben etwas in sich – man nennt das glaube ich „charakterbedingten Hass“, der sich durch die Anonymität und die Dummheit im Internet wieder Bahn bricht.
Bei den Songs auf „Konfetti“ ist es klarer, worum es jeweils geht als bei Kettcar. War das eine bewusste Entscheidung weg von Metaphern und hin zu Konkreterem?
Ja, das war bewusst. Irgendwie habe ich das wieder in mir gespürt. Ich bin halt nicht dieser eindimensionale Musiker, der ich bei …But Alive war, als ich sehr sehr politische Texte gemacht habe. Ich bin aber auch nicht nur der gefühlsbetonte Typ, der ich bei Kettcar war, wo ich sehr gefühlvolle, Metaphernsongs, sehr lyrische Songs, gemacht habe. Das bin ich halt nicht nur. Jetzt pendelt das Pendel sozusagen wieder zurück in so eine andere Geschichte und ich kann dir jetzt schon sagen, dass mein nächstes Album – ganz egal mit wem oder wie – auch wieder komplett anders klingen wird. Mir ist aber auch ganz egal, ob die Leute dann überrascht sind oder ob die das nicht wahrhaben wollen, dass ich solche Songs machen kann und durchziehe. Aber mir war halt danach und dann kann ich das auch komplett durchziehen, gesellschaftliche und politische Themen zu behandeln und mehr Haltung zu zeigen.
Du hast gesagt, das nächste Album wird ganz anders klingen. Wird es ein nächstes Soloalbum geben, ist schon etwas geplant oder lässt du alles auf dich zukommen?
Ich lasse alles auf mich zukommen. Der Plan ist erst einmal mit Kettcar so, dass wir uns im Spätsommer zusammen setzen und gucken, was für ein Album wir machen wollen. Und dann voller Elan ans Kettcar-Album gehen. Fakt ist, dass ich der Hauptsongwriter bei Kettcar war und bin und das natürlich sehr stark davon abhängig ist, wo ich stehe und was ich mache.
Zurück zum aktuellen Album. Du sagst selbst „es soll ein Mixtape sein“, hattest die vielen beteiligten Musiker auch bereits angesprochen. Hattest du im Laufe des Aufnahmeprozesses nicht mal Bedenken, ob das alles am Ende überhaupt zusammenpassen wird?
Ja, ein bisschen schon. Als mir klar war, dass ich mit so vielen unterschiedlichen Leuten zusammen arbeiten möchte, habe ich das in Kauf genommen. Ich finde auch, Homogenität ist komplett überbewertet. Im Endeffekt wird eh alles über meine Stimme zusammen gehalten. Und ich habe auch ganz stark das Gefühl, dass ich selbst auch kaum noch richtig Alben durchhöre. Das liegt wohl auch in der Natur der Sache, dass es halt durchgehen gute Alben fast nicht mehr gibt. Hier und da natürlich schon noch… Aber deshalb war es mir halt wichtig, dass ich ganz viele verschiedene Songs mache und war am Ende selber fast erstaunt, wie gut das alles zusammen passt.
Kommt daher auch der Name „Konfetti“ – für die vielen Einzelteile oder warum hast du ihn gewählt?
Ursprünglich sollte das Album „Schwarzes Konfetti“ heißen. Das war mir dann aber doch zu düster, das blieb dann noch für den Song „Schwarzes Konfetti“. Dann habe ich einfach „Konfetti“ gelassen. Das ist irgendwie ein geiles Wort.
Nächste Woche geht es los, dann geht es auf Tour. Bist du aufgeregt, ohne die andere von Kettcar auf der Bühne zu stehen oder macht es für dich keinen Unterschied?
Schon ein bisschen. Wir haben gestern zum ersten Mal geprobt. Das geht noch vier Tage weiter und läuft bislang sehr gut. Jetzt muss ich halt nur sehen, wie ich die Songs auf die Bühne kriege, wo ich keine Gitarre umhabe. Aber ich bin frohen Mutes, dass ich das hinkriege.
Also wird es ungewohnt für dich?
Das auf jeden Fall! Es wird ein sehr sehr kraftvolles, kurzweiliges und spannendes Set. Sehr interessant!
Hört man denn noch mehr als auf der Platte ist von dir?
Da möchte ich noch nicht zu viel verraten. Es gibt ein, zwei neuere Geschichten, aber da möchte ich nicht zu viel verraten. Das können die Leute dann sehen, wenn sie auf die Konzerte kommen. Aber es gibt Überraschungen, so viel kann ich vorwegnehmen!
Immer die letzte Frage: Was tust du, wenn dir langweilig ist?
Serien gucken. Coole Serien gucken….
Hast du da eine konkrete, die dir besonders gut gefällt?
Oh, ich kann dir da jetzt zehn sagen!
Dann sag mal drei…
The Walking Dead, Sopranos, Game of Thrones… Soll ich noch weiter machen?
[Danke für das Interview. Selbiges hat Claudia Hamburger mit Marcus Wiebusch geführt.]
(Foto: Andreas Hornoff)
Auch im Juni ist Marcus Wiebusch weiter auf Tour. Wer seine angesprochenen Überraschungen auf der Bühne miterleben möchte, hier die Termine:
17.06. Magdeburg, Moritzhof
18.06. Dresden, Beatpol
19.06. Erlangen, E-Werk
20.06. Duisburg, Traumzeitfestival
20.-22.06. Scheeßel, Hurricane
20.-22.06. Neuhausen ob Eck, Southside
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tolles interview!
@Bernie: Danke schön! :)