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Interview mit dem Sportkommentator

kurzweil-ICH: Frank Buschmann

kurzweil-ICH: Frank Buschmann Frank_Buschmann

Im Rahmen der Produktion zur aktuellen Werbekampagne von Coke Zero hatte ich die Gelegenheit, Kommentator und Sportfachmann Frank Buschmann kennen zu lernen und einige Fragen für ein kurzes Interview beizusteuern (der Großteil des Interviewruhms gebührt jedoch Coke, ich danke an dieser Stelle für die Möglichkeit, es hier nutzen zu dürfen). Denn im Zuge der euphorischen Kommentation von Privatvideos im Fußballton hat Buschmann es auch geschafft, mein langweiliges Wasch-Video ordentlich nach Vorne zu bringen. Hier soll es zunächst aber um den Moderatoren-Job und die Wörterwelt des „Buschi“ Buschmanns gehen, das Videoresultat gibt es am Ende des Beitrags zu sehen.

Dabei erzählt uns der gebürtige Bottroper, was einen guten Kommentator ausmacht, wann Schweigen auch in seinem Job Gold sein kann und ob er eigentlich froh ist, wenn eine Schlag den Raab-Sendung dann auch irgendwann mal vorbei ist.


Was macht für dich einen guten Kommentator aus?

Da ist erst mal Kenntnis und Know-How von dem, wofür er steht in einer Sendung – in meinem Fall ist das Sport – das ist unabdingbar. Schön wäre, wenn Begeisterung dazu kommt. Wenn ich im Fernsehen auftrete, versuche ich natürlich, die Leute mitzunehmen! Trotzdem: Wenn es das Ereignis nicht hergibt, kannst du das nicht durch tolle Arbeit auf ein neues Level heben.

Was ist für dich das Faszinierendste am Kommentatoren-, beziehungsweise Moderatorenjob?

Wenn du es relativ weit nach oben geschafft hast – ich weiß nicht, ob ich da jetzt zu zähle – lernst du unglaublich interessante Menschen kennen. Ich möchte es niemals missen, mit einem Michael Jordan, einem Boris Becker, mit einem Dirk Nowitzki zu sprechen.

Und du lernst viel von der Welt kennen: Wenn dich irgendwann Sender durch die Gegend schicken, dann ist es schon ziemlich geil. Nur darf keiner glauben, dass das alles ganz von alleine geht.

Wie bereitest du dich auf ein Live-Spiel vor, dass du kommentierst? Legst du dir viele Sprüche vorher zurecht, oder kommen sie frei aus dem Bauch heraus?

Jeder behauptet, er lege sich keinen Spruch zurecht. Das stimmt für die wenigsten Kommentatoren – für mich aber schon! Ich habe mir in meinem Leben noch keinen Spruch aufgeschrieben.
Ich habe Unterstützer und natürlich meine Statistik-Monitore, wo ich zitieren könnte: Das ist der 257. Flankenball über Links und zum 31. Mal wird er in Richtung rechte Eckfahne abgeschossen. Das ist aber nicht so meine Art des Kommentierens.

Was ich mir bei vielen Kommentatoren heutzutage wünschen würde, ist nicht nur zu schildern, sondern zu analysieren und die Leute mitzunehmen.

Wenn du kommentierst, wie stehst du zum Thema Floskeln? Wenn du die User-Videos kommentierst, kommen sie ja immer mal wieder zum Zug. Aber Floskeln wie „ein Tor würde dem Spiel jetzt gut tun“ oder „Mund abputzen, weitermachen“, was hältst du davon im richtigen Spiel?

Ich glaube, die Leute müssen dir vor allem abkaufen, was du sagst. Es gibt da nicht den Königsweg. Es wird immer wieder Floskeln geben, die zumindest auch ich benutze – ich kann ja für andere Kollegen nicht sprechen. Für mich ist entscheidend, wie ich begleite, was unten auf dem Feld oder auf dem Parkett passiert. Da kannst du dich als Kommentator noch so strecken, wenn es nichts hergibt, ist es schwierig. Wenn ein Spiel schlecht ist, kommentiert man im Zweifel auch ein bisschen kritischer – dann ist man sowieso doof für viele Fans. Wird Deutschland Fußballweltmeister durch ein Tor von Götze kurz vor Ende der Verlängerung und man geht mit, ist alles großartig.

Vielleicht noch ein kleiner Kritikpunkt an der deutschen Kommentatoren-Landschaft: Wir haben zu viele gleiche Kommentatoren, weil sich alle die gleichen Gedanken machen. Was darf ich, was darf ich nicht? Was ist eine Floskel? Darf ich die nutzen? Das braucht kein Mensch! Sei du selbst! Und wenn du Ahnung vom Spiel hast und ein bisschen Liebe zum Sport: Geh mit, ohne völlig unkritisch zu werden.

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Gibt es Situationen, wo man einfach mal die Klappe halten sollte?

Ganz wichtig! Dass das von mir kommt, wird natürlich auch wieder keiner glauben. Aber ich habe mal bewusst ausprobiert 60, 75 Sekunden zu schweigen. Als Kommentator kommt es dir vor, als wäre es eine Ewigkeit. Und den Fans kommt das dann auch so vor, weil sie es gar nicht mehr gewohnt sind. Es gab einige Spiele, wo von der Regie die Frage kam: „Buschi, bist du noch da?“
Aber ich versuche, vom rein Beschreibenden wegzukommen. Wenn wenig passiert, dann lasse ich es mal für sich stehen. Der Unterschied: Wenn ich im Basketball-Spiel eine Sekunde schweige, drehen die Leute durch, weil da pausenlos was passiert, genau wie im Handball und Eishockey. Im Fußball ist das anders: Da kann man einfach mal die Klappe zu halten.

Und dann gibt es ja noch die Situationen, bei denen man sich wahrscheinlich hinterher denkt – jetzt hättest du besser mal die Klappe gehalten. Was ist das größte Missgeschick, das dir in einem Live-Spiel passiert ist?

Man haut schon mal Sprüche raus, wo man hinterher überlegt: Bin ich da jetzt jemandem zu nahe getreten? Einmal habe ich beim Basketball über einen Nationalspieler gesagt: „Der ist einen Kopf größer als ein Spiegelei.“ Das kommt natürlich nicht gut an, wobei es der Spieler mir nie übel genommen hat. Das rutscht mir dann tatsächlich so raus.
Mir fällt noch eine Panne in Kaiserslautern ein: Da habe ich bei dem vielleicht schlechtesten Fußballspiel aller Zeiten kommentiert, Herta BSC gegen Kaiserslautern, es ging um den Aufstieg in der zweiten Liga. Da habe ich dann irgendwann, weil das Spiel so langweilig war, zu meinem Co-Kommentator gesagt: „Tipp mal, wer das erste Tor macht.“ Und er sagt: „Peer Kluge, Herta.“ Peer Kluge hatte aber etwa 23 Jahre kein Tor mehr gemacht. Und ich sage: „Wenn das passiert, dann kommentiere ich das nächste Mal im Herthinho-Kostüm.“ Und was passiert? Fünf Minuten später rennt der Kluge frei auf die Kiste zu, ich brüll noch „Nein, Nein, Nein!“, Kluge macht das Tor! Danach wurde sehr viel über diese kleine Wette gesprochen, die Kaiserslautern-Fans haben sich aufgeregt. Aber eigentlich war es eine ganz geile Story, weil es ein langweiliges Spiel interessant gemacht hat. Ich verstehe aber die Entrüstung bei einigen Leuten in Kaiserlautern, die gesagt haben, ich hätte sie veralbert. Das war aber nicht meine Absicht.

Das heißt, eigentlich ist aus einigen Pannen im Nachhinein auch das ein oder andere Highlight entstanden?

Für mich unterscheiden sich die wirklich Guten von den Soliden durch den Umgang mit Pannen. Wenn mal etwas nicht wie gescriptet läuft, dann entscheidet sich tatsächlich, wie locker du bist und wie du den Zuschauer mitnimmst. Wie sehr gestattest du dem Zuschauer auch mal einen Blick hinter die Kulissen?
Ich habe da eine etwas speziellere Meinung. Viele meinen: Bloß keine Fehler zugeben, bloß immer perfekt wirken. Im Großen und Ganzen sollte man einen guten und fehlerfreien Job machen. Aber wenn mal was passiert, in Gottes Namen, dann passiert es! Die Kunst ist es, damit umzugehen.

Und zum Thema Interviews: Heute sehen wir ja oft vorgefertigte Antworten. Wie kitzelst du aus den Leuten etwas Interessantes heraus?

Das Zauberwort ist „Vertrauen“. Das heißt, Interviewpartner müssen Vertrauen haben und sie müssen den Eindruck haben, dass ich sie nicht in die Pfanne haue – ohne, dass ich sie mit Samthandschuhen anfasse. Das ist für mich Vertrauen schaffen.
Aber bei Interviews im Sportjournalismus ist mir generell zu viel Vorsicht und „Cleanliness“ drin. Ich erfahre kaum noch was über die Menschen. Auf YouTube habe ich mit Felix Magath zwei mal 30 Minuten über Fußball diskutiert. So etwas würde ich mir häufiger wünschen, aber das wird nicht so geguckt wie eine Drei-Minuten-Sequenz im TV, wo die Fetzen fliegen. Das muss auch der Zuschauer mal hinterfragen.

Woran liegt es deiner Meinung nach, dass es so wenige weibliche Kommentatoren gibt?

Jetzt mache ich mich wahrscheinlich wieder total beliebt, aber ich glaube, dass es im Durchschnitt tatsächlich weniger sportverrückte Frauen als Männer gibt. Das habe ich schon oft mit meiner Frau zuhause diskutiert. Es kann auch damit zu tun haben, dass Frauen als Kommentatoren ungewöhnlich sind. Wenn etwas ungewohnt ist, haben viele Leute erst mal Probleme damit, es zu akzeptieren. Aber ich glaube, dass es genug Frauen gibt. Es kommen außerdem immer mehr nach, die sportinteressiert sind und die Know-How haben.
Ich glaube, dass wir im Kommentatoren-Bereich bisher zu wenige Frauen haben, die sich trauen. Das ist immer noch eine Männerdomäne. Im Moderatoren-Bereich im Sport habe ich dagegen das Gefühl, die Männer gehen uns aus!

Ist es für dich schöner oder schlechter, wenn eine Schlag-den-Raab-Sendung lange dauert? Wenn es bis 02:00 Uhr geht: Ist es dann toll, weil die banalen Spiele kommen, aus denen du richtig was rausholen kannst, oder bist du froh, wenn Feierabend ist?

Ehrlich gesagt bin ich manchmal froh, wenn Feierabend ist. Aber es ist ein Format, das mir Spaß macht. Für mich ist das nach dem Leistungssport mit Abstand die seriöseste Wettkampfsendung, die es im deutschen Fernsehen gibt.
Die Person Stefan Raab wird es immer hergeben, dass es ein Wettkampf ist. Manchmal zieht sich das unglaublich und ich hätte auch schon mal fast in eine leere Wasserflasche gepinkelt, weil ein Spiel einfach nicht aufhören wollte. Türmchen bauen dauerte 25 Minuten und ich musste pinkeln wie ein Iltis! Das ist dann schon manchmal anstrengend.
Aber für mich ist es Unterhaltung par excellence. Nach der Sendung denke ich manchmal: Das war zwar anstrengend, aber wie geil ist das denn! Du kommentierst um zweieinhalb Millionen Euro, wie Menschen versuchen, einen Kirschkern über eine Leiter zu spucken und auf der anderen Seite wieder aufzufangen. Das ist so dämlich und banal, das ist ganz großes Kino.

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Mehr von Frank Buschmann bekommt ihr auf seiner Website zu sehen oder folgt ihm am besten auf Facebook oder YouTube.

Gar nicht mehr soo langweiliges Wäsche-Waschen

Und nun zum versprochenen Video-Schmankerl. Mein eigentlich langweiliger Gang zum Wäschekeller wurde endlich mal gebührend kommentiert. Perfekte „LangweileDich.net“-Leistung!

Beitrag von: Maik Montag, 1. September 2014, 14:20 Uhr

10 Kommentare

  1. Sebastian says

    Ganz großes Kino, interessantes Interview und vor allem toller Clip!

  2. Maik says

    Danke, ich find’s auch ganz dufte. :)

  3. Änne says

    Tolles Interview, toller Clip :-)

  4. Also das hat mich jetzt wirklich überrascht, was ein Profikommentator noch so aus einem Video rausholen kann.
    Frag‘ ihn doch mal, ob er eine Miniversion der Win Compilation mit euch macht, das müsste doch ein perfektes Team sein. :)

  5. P.S.: Natürlich ist die Win Compilation jetzt schon ein perfektes Team, auch wenn sie alleine daherkommt ;)

  6. P.P.S: Und sie wird natürlich von einem perfekten Team hergestellt. (Ich hoffe, mir fällt jetzt kein Klarstellungs-PS mehr ein)

  7. Maik says

    @seitvertreib: wäre eine sehr geile Sache, fürchte jedoch, dass das schwer wird. Und wie du schon richtig anmerkst – eigentlich ist das Team ja bereits perfekt. ;)

  8. MrBrainPaiN says

    ja der buschi ist ein ganz großer meiner meinung nach. hab mir mit ihm mitte der 90er montag morgens gegen 2 immer die nba spiele reingezogen. aber dann in der schule komplett durchgehangen. danke dafür buschi.
    tolles interview

  9. Pingback: Review: FIFA 16 - Meine Meinung zur PS4-Version | LangweileDich.net

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