Nach dem gigantischen Zwölferpack im Mai habe ich mich mal wieder etwas gesundgeschrumpft. Ein klassisches Sechserpack frischer Alben habe ich heute für euch im Angebot und es ist sogar ein bisschen Hip Hop neben etlichem Gitarrenspiel dabei. Wie immer mit aktueller Hörprobe und dienstleistungsfreundlichem Spotify-Link. Ab dafür!
Review: War mir passiert (Bonaparte)
Release: 14.06.2019 | Genre: Alternative Weltmusik | Spotify
Happy Release Day, Tobias Jundt! Der mittlerweile zur Ein-Mann-Band avancierte Songwriter mit gesundem Bonaparte-Größenwahn führt seine musikalische Entwicklung nicht nur weiter, sondern präsentiert auf „Was mir passiert“ einen ganz und gar exotischen Exkurs. Damit bringt er leider nicht wirklich „Bonaparte back on the Karte“, wie es im Opener „Warten“ heißt. Wie das bei Experimiertfreudigkeit eben so ist, geht immer mal was daneben. Der Rock hat eh seit einigen Alben mehr Prozente verloren als die SPD, die Beats sind aber derart afrikanisch anmutend, dass man an Weltmusik denken muss, dazu der auch eher ungewöhnlich hohe Anteil deutscher Texte – ist das noch die „Anti, Anti“-Band? Nicht wirklich. Da wirkt letztlich das von mir zunächst kritisch gesehene „Das Lied vom Tod“ auf einmal wie der beste Song der Platte. Die zahlreichen Features wollen bei mir nicht zünden, allen voran das Ärzte-Zweidrittel bei „Big Data“. Das ruhige „Und Mich“ ist da noch ein kleiner Lichtblick, ansonsten bleibt mir die Hoffnung, dass es sich bei diesem Album nur um eine Phase handelt, in der Jundt gegen das Revoluzzen revoluzzt.
Review: Andorra (Fatoni)
Release: 07.06.2019 | Genre: Hip Hop | Spotify
Ich muss ja gestehen, Fatoni erst beim Koop-Album mit Mine so wirklich auf den Schirm erhalten zu haben. Im Grunde genommen ist „Andorra“ diesem recht ähnlich – nur eben mit doppeltem Fatoni-Anteil. Es bleibt aber vor allem diese nebenbei-erzählt-Mentalität, die seinen Flow ausmacht. Alles wirkt eher spontan und etwas sperrig in die Zeilen gesprochen, dabei überrascht er dann doch mit der ein oder anderen Bedachtheit und Wortspielerei. Zeilen wie „Frühjahr war alles besser, doch jetzt ist Herbst“ (die gesprochen besser als geschrieben kommt), finde ich super. In Sachen Beat und Auto-Tune ist das Album leider des Öfteren „State-of-the-Art“, was nicht so ganz meines ist, aber es gibt auch Oldschool-Momente, wie in „D.I.E.T.E.R.“ und mit „Krieg ich alles nicht hin“ gibt es sogar eine überraschend(nichtschlecht)e Portion Gitarre zu hören. Das abschließende Resümee ist im Titel des letzten Tracks versteckt: Das Album ist „OK OK OK“. Aber auch nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Review: Help Us Stranger (The Raconteurs)
Release: 21.06.2019 | Genre: Rock | Spotify
Herzlich willkommen bei „Maik hat ein Album nur einmalig durchgehört und versucht, sich und euch eine Meinung zu bild“ – Teil 234. Tatsächlich habe ich mich aber zu sehr über das Comeback der Raconteurs gefreut (und darüber, dass der erste Track mit „Bored“ beginnt…), als dass ich die doch recht kurz vor meiner diesartikeligen Deadline bemusterten Platte nicht noch schnell mit aufnehme. Schnell aufgenommen haben dürften Jack White und seine Mannen „Help Us Stranger“ nicht, ein bisschen „Stranger“ sind sie uns Herrschaften in den elf Jahren seit dem Album „Consolers of the Lonely“ aber schon. Okay, genug der Zeit schindenden Pseudo-Überleitungen, kommen wir zur Musik! Die gibt sich erfreulich zackig und hat den typischen White’schen Gitarren-Verzerrer als Dauerzustand. Das führt jedoch auch dazu, dass man mal wieder länger brauchen dürfte, um die Musikalität wirklich vollends schätzen zu können. Dennoch zeigt sich nach anderthalb Durchgängen bereits, dass sich weitere lohnen dürften. Es wird zwischen melodischeren Songs wie „Shine A Light On Me“ und brechenden Tracks wie „Don’t Bother Me“ gewechselt und gekonnt in etlichen Musikgenres herumgefischt. Ob Blues, Alternative oder gar vereinzelt zu hörende Streicher – die wilde Mixtur besitzt Charakter und Lautstärke. Spontan gefällt mir „Live A Lie“ am besten.
Review: Scham (Neufundland)
Release: 31.05.2019 | Genre: Indie-Poprock | Spotify
Von der Vorabsingle „Männlich Blass Hetero“ war ich ja nicht wirklich begeistert, das Album in Gänze hat aber deutlich mehr zu bieten. Alleine der Opener „Liebe“ gefällt schon einmal sehr. Allgemein fehlt mir jedoch etwas die Durchschlagskraft, die sich beim Debütalbum „Wir Werden Niemals Fertig Sein“ noch rockiger gab. Hier wirkt es musikalisch zwar ausgereifter und vielleicht ist die Qualität der Tracks im Durchschnitt gar höher, aber wirkliche Kracher wie das geniale „Kopf in den Wolken“ bleiben leider aus. Stattdessen gibt es viele Synth-Spielerein und eher einen Indie-gefärbten Beinahe-Hip Hop zu hören statt Rockmusik. Das muss wie gesagt nicht schlecht sein, holt mich aber nicht gänzlich ab. Aber alleine für die bedachten bis gesellschaftskritischen Texte lohnt sich ein Reinhören allemal!
Review: Monami (Foreign Diplomats)
Release: 21.06.2019 | Genre: Indie-Rock | Spotify
Eine gar nicht mal so unähnliche musikalische Farbe gibt es bei den Foreign Diplomats zu hören, aber eben mit etwas mehr Dynamik und Punch. Die Melancholie bricht immer mal in epischer getrimmten Refrains aus, erinnert hier und da an lautstarke Vertreter wie Imagine Dragons oder so, bleibt aber im Kleinen verspielt und deutlich sperriger. Songs wie „Charger“ erinnern an Everything Everything im Gesang – ihr merkt, Bandbreite ist vorhanden. Insgesamt gefällt mir diese Wandelbarkeit ungemein. Immer, wenn man denkt, man habe den Charakter der Platte gefasst, erscheint eine weitere Fassette. Nie droht man sich zu langweilen oder zu sehr in eine Richtung abzudriften. Vor allem in Puncto Melodität hat die Band vieles richtig gemacht.
Review: It’s Okay To Talk (allusinlove)
Release: 07.06.2019 | Genre: Alternative Rock | Spotify
Das deutlich „schwerste“ Album des Monats hat auch mein Herz am meisten erobern können. Gewaltig wobernde Gitarrenriffs brechen immer wieder über einen hinein, dennoch bleiben indie-haft lockere Songstrukturen erhalten und es wirkt gerne mit dem Kontrast zwischen tiefen Gitarren und eher hohen Gesangs-Elementen gespielt. Dabei sprüht viel Classic-Rock-Vybe mit, die Musik bleibt aber frisch und tanzbar. Pixies trifft Soundgarden, oder so. Jedenfalls eine sehr gelungene Platte!
Albumtitel sind Amazon-Partnerlinks.
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