Monatsmitte bedeutet ein Blick ins virtuelle Plattenregal. Darin befinden sich dieses Mal sechs Neuheiten, die mal wieder Gitarrenklänge beinhalten, aber auch einiges, das darüber hinaus geht. Wie immer gibt es in meinen „Kurzreviews“ auch Streaminglinks und Hörproben, damit ihr euch selbst einen Eindruck von den Alben machen könnt.
Review: „This Is Why“ (Paramore)
Release: 10.02.2023 | Genre: Pop-Rock | Spotify
Ich muss mich mal wieder selbst korrigieren – hat der Titeltrack mich beim ersten Anhören nicht direkt flashen können, bekomme ich ihn mittlerweile einfach nicht mehr aus dem Kopf. Der Refrain ist einfach sowas von on point! Auch „The News“ hat noch ordentlich Schmiss, danach wird es gediegener, bleibt aber melodisch, abwechslungsreich und in Bewegung setzend. Das nach ruhigen Strophen im Refrain ausbrechende „Running Out of Time“ symbolisiert ganz gut, wie erwachsen Paremore geworden sind. Das Album fühlt sich ausgewogen, wohl-strukturiert und vielschichtig an. Dabei gibt es neue Elemente zu hören, mir gefällt zum Beispiel wie Sängerin Haley Williams ihre Stimme in „Big Man Little Dignity“ zwischenzeitlich beinahe zum Überschlag bringt. Insgesamt fühlt sich das deutlich runder und weiterentwickelter an als der Vorgänger „After Laughter“, zumal man musikalisch wieder ein bisschen mehr zur Band-eigenen Vergangenheit hat finden können. Hervorheben möchte ich noch das wundervolle „Thick Skull“, das nicht nur einen emotionalen Abschlusstrack darstellt, sondern mit Sicherheit auch auf zukünftigen Konzerten für Gänsehaut sorgen dürfte.
Review: „Heut ist ein guter Tag“ (DONOTS)
Release: 03.02.2023 | Genre: Punk-Rock | Spotify
Deutlich mehr nach Vorne geht es – wie gewohnt – bei den DONOTS. Dabei bleibt es aber stets eingängig. Hier und da vielleicht sogar etwas zu sehr, wenn zum Beispiel die „Oh-ohh-ohhh-ohhs!“ und „Lass es regnen“ im Song „Komoten“ ertönen. In anderen Songs wie „Hunde los“ funktioniert die Mischung besser. Die Jungs muss man aber alleine für Songtitel wie „Apokalypse Stehplatz Innenraum“ oder „Radikale Passivisten“ lieben, die auch inhaltlich einiges an Meinung zu vertreten haben. Insgesamt ein gutes Album ohne größere Downs, aber die ganz starken Titel fehlen mir persönlich etwas.
Review: „Halfway“ [EP] (Ber)
Release: 17.02.2023 | Genre: kraftvoller Singer-Songwriter-Pop | Spotify
Meine Überraschung des Monats ist Ber. Die junge Dame schafft es nämlich, alle mit ihrer lieblichen Stimme und anfänglichen Singer-Songwriter-Arrangements auf ein paar ruhige Minuten einzustimmen, um dann mit brachialen Gitarrenwänden um die Ecke zu kommen. Die strukturelle Vielfalt der sechs Tracks ist enorm, die Musik energievoll und meinungsstark. Hoffentlich kann das Niveau auch auf eine Langspielplatte übertragen werden!
Review: „How to be Human“ (Amber Run)
Release: 24.02.2023 | Genre: Indie-Rock-Pop | Spotify
Dass Abwechslungsreichtum einer Platte nicht immer gut tut, demonstrieren Amber Run. Vielleicht habe ich auch ein Problem mit einigen Songs, da sie mir zu sehr wirken, als wolle man Everything Everything („Honeylight“), The Script, The Killers oder Radiohead nachmachen („The Last Dance“). Irgendwie hat man das Gefühl, alles schon einmal gehört zu haben, und dass die Band sich nicht für eine Richtung entscheiden kann. Das macht die eigentliche Musik natürlich nicht schlechter, so lässt sich zu „The Start“ schon ganz gut tanzen, aber allgemein hatte ich mir mehr Tempo gewünscht.
Review: „Coping Fantasies“ (Power Plush)
Release: 10.02.2023 | Genre: Indie Pop | Spotify
Eine deutlich stringentere und vor allem eigene Richtung finden Coping Fantasies. Melodiös mit Hang zum energetischen Ausbruch, würde ich meinen, wobei es stets ausgefeilt und gleichermaßen gerade live in der Garage zusammengeflickt erscheint. Stimmlich muss man sich hier und da ein bisschen dran gewöhnen, aber mit der Zeit schwingt man einfach die 40 Minuten wohlig mit.
Review: „Neon“ [EP] (Lunauten)
Release: 10.02.2023 | Genre: Indie-Rock | Spotify
Frischer Indie-Rock kommt aus dem kleinen Emden. Der Sound von Lunauten erinnert mich extrem an die No-Doubt-AFI-Supergroup Dreamcar, was vermutlich vor allem an der Stimmfarbe von Sänger Alexander Niessig liegen dürfte (oder gar ein bisschen an Moon Shot, wobei mir da noch die einschneidenden Gitarrenriffs fehlen). Ja, bei einer EP ist es immer einfacher, zu überzeugen, aber die sechs Songs beweisen eindrucksvoll, dass deutscher Indie-Rock noch mit einer Mischung aus eingängiger Melodie und kraftvolleren Elementen bestehen kann.
Albumtitel sind Amazon-Partnerlinks.
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