Ich glaube, wir sind uns einig, dass die Musikwelt ein ganz gutes Abbild dafür ist, dass es um die Gleichberechtigung und -Stellung von Männern und Frauen noch immer nicht perfekt steht. Ganz im Gegenteil, geht man beispielsweise die Line-ups der ganz großen Festivals durch, fällt schnell auf, dass der Anteil an Acts mit überhaupt auch nur einem weiblichen Band-Mitglied oftmals verschwindend gering ist. Und das liegt nicht daran, dass es etwa einen Mangel an Musikerinnen gäbe, das sind noch immer Nachwehen von Jahrzehnten an Bevorzugung von Männern und das zieht sich ja in etlichen Bereichen durch, ziehen sich derart kulturelle Veränderungen halt oftmals über Generationen, bis es zur Normalität geworden ist.
Entsprechend ist es auch schwer, fremde Kulturen einzuordnen, wirken dort fest verankerte Verhaltensweisen für Außenstehende gerne mal absurd. Vor allem, wenn man sich selbst in der Position wähnt, den gleichen Status mal vor Ewigkeiten ähnlich gelebt zu haben und jetzt einige Stufen weiter zu sein und ihn als antiquiert anzusehen. Man sollte gerade in der Situation nicht zu vorschnell mit Fingern auf Leute zeigen, letztlich gehört jede Kultur zunächst mal respektiert. Aber eben auch jedes Geschlecht. Und gerade in der öffentlichen Handhabe mit Frauen gibt es noch immer verdammt viel Respektlosigkeit auf der Welt, bei der man wenig Toleranz entgegenbringen kann.
Auch wenn dieses Beispiel hier eher harmloser Natur ist, zeigt sie doch, welch absurde Aufwände man bereit zu gehen ist, um Frauen zu denunzieren und den Glauben an eigene Wertvorstellungen zu unterstreichen. Der Iran ist eines von gerade mal fünf Ländern weltweit, die die „UN-Konvention zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“ nicht unterzeichnet haben. Dort herrscht noch immer krasse Diskriminierung, obwohl im es in den 1960er Jahren im Rahmen des Iranischen Frühlings zu Lockerungen, wie der Gewährung des Wahlrechtes für Frauen kam. Aber noch immer herrscht der Mann und die Frau hat sich öffentlich bedeckt zu halten – im übertragenen wie wörtlichen Sinne.
Twitter-User @IzzRaifHarz hat kürzlich etwas Kurioses bemerkt:
If you are bored then you can try checking this music streaming site from Iran, they censored every female on music artwork like they don't even existed 💀.
Search for your fav female singers and see how they totally changed the covers.https://t.co/lRWA1yW16j
— izzi (@IzzRaifHarz) September 29, 2019
Dabei handelt es sich um die iranische Streaming-Plattform Melovaz.net, wo man beim Blick auf die Startseite zunächst wirklich lauter männliche Gesichter zu sehen bekommt. Aber gut, ich schrieb ja bereits von den Problemen im Musik-Business.
Tatsächlich geht man dort einen Schritt weiter und hat die Albumcover derart bearbeitet, dass dort überhaupt keine weiblichen Acts zu sehen sind. Die Songs selbst sind verfügbar, Albumcover sind auch zu sehen, aber man hat eben Photoshop bemüht, um die Musikerinnen grafisch zu entfernen. Das nimmt wirklich absurde Züge an:
Look at this atrocity askjskjkss. Even Twice is not safe from being erased lmao pic.twitter.com/kbFTlX6Hjs
— izzi (@IzzRaifHarz) September 29, 2019
Man stelle sich vor, dass da Leute arbeiten, die Tag für Tag damit beschäftigt sind, offizielles Bildmaterial von Labels mit einer Grafik-Software zu bearbeiten, damit die bösen Frauen nicht mehr zu sehen sind. Das funktioniert mal besser und mal schlechter, wirkt aber besonders affig, wenn man lediglich ein leeres Quadrat mit Hintergrundfarbe und einem einsamen Schriftzug zu sehen bekommt. Und ob das überhaupt rechtliche mit den Labels vereinbar ist? Wahnsinn. Zunächst dachte ich an einen Scherz, vielleicht eine smarte (aber geschmacklose) Marketing-Aktion, aber das scheint Wirklichkeit zu sein.
Und nein, das betrifft nicht etwa nur einheimische Musikerinnen, das betrifft auch die ganz großen Weltstars wie Taylor Swift, Madonna und Co. – hier einige Beispiele:
Manche weibliche Artists nehmen das Ganze mit Humor, wie Rapperin Iggy Azalea:
The jokes on them cause I put a vagina reference in every song so who really won. https://t.co/LqLiuGpS8F
— IGGY AZALEA (@IGGYAZALEA) September 29, 2019
Noch keine Kommentare