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Gedanken einer 18-Jährigen: Warum ist „helfen“ so kompliziert? Livia-Portrait-kolumne-2020

Nach meinem Praktikum im Blindeninstitut (wie hier auch schon mal geschrieben) habe ich viel darüber nachgedacht, was ich da eigentlich erlebt habe. Die Kinder und Jugendlichen, die ich dort kennengelernt habe, sind mir sehr ans Herz gewachsen und so sind auch richtige Freundschaften entstanden. Nicht nur, weil sie körperlich und geistig behindert und zusätzlich noch blind sind, sondern weil sie so voller positiver Energie und Emotionen sind. Sie sind so außergewöhnlich, sie denken mit dem Herzen. Sie haben eine absolute Ehrlichkeit, weil sie gar nicht fähig sind, zu lügen. Und da sind sie uns „gesunden“ Menschen so vieles voraus.

Mit zwei dieser für mich so besonderen Kinder stehe ich im regelmäßigen Kontakt. Leider war und ist es mir durch die Corona-Beschränkung nur möglich, mit ihnen zu telefonieren. Ich freue mich aber jetzt schon, wenn ich sie wieder in meine Arme nehmen kann. Und wenn man erlebt, wie schön das ist, wenn sie einen in ihr Herz geschlossen haben, das ist so ziemlich das schönste Gefühl, das man erleben darf. Denn das ist so ehrlich und auch für immer. Und so ist es auch bei mir.

Wie in vielen sozialen Einrichtungen mangelt es auch in diesem Blindeninstitut vor allem an Geld. Und den Einblick, den ich dort bekommen habe, bestätigt das auch. Es wird tatsächlich alles versucht, um zu helfen, aber es fehlt an so vielem. Mit den Möglichkeiten, die sie haben, machen sie das aber wirklich hervorragend. Aber es ist viel zu wenig.

Nun überlege ich schon so lange, wie ich den einzelnen Kindern helfen kann. Für mich ist absolut klar, dass ich sie irgendwie unterstützen will. Ganz einfach darum, weil sie es verdient haben. Ich kann mir kein schlimmeres Schicksal für einen Menschen vorstellen. Deshalb will und muss ich etwas für sie tun. Ich habe lange überlegt, was ich als einzelne Person machen kann? Eigentlich kann ich gar nichts machen, wenn ich nicht in Geld schwimme. Da ich das leider nicht tue, muss ich mir was anderes einfallen lassen.

Eine Stiftung zum Beispiel zu gründen, setzt wieder eines voraus, nämlich Geld. War ja klar! Mindestens 25.000 Euro bräuchte ich nur als Sicherheit, um überhaupt eine Stiftung gründen zu können. Eine Spendenaktion wäre meine nächste Idee gewesen. Aber eine einmalige Spendenaktion würde mir bei meinem Ziel nichts bringen. Denn meine Idee ist ein langfristiger Plan. Ich will junge Menschen, wie meinen Freund*innen aus dem Blindeninstitut, langfristig helfen. Mein Ziel ist es, jedem einzelnen dieser Kinder (und wenn es nur für ein paar Kinder reicht) einen persönlichen Betreuer/in zur Verfügung zu stellen. Auch aus dem Gesichtspunkt, da leider ihre Lebenserwartung meistens nicht sehr hoch ist, haben sie es auch verdient, das beste Leben zu bekommen, wie es nur möglich ist.

Es kommt ja oft die Frage, warum die Eltern dieser Kinder nicht dafür sorgen, dass es ihnen an nichts fehlt. Tja, das ist ja der nächste traurige Grund. Denn die meisten der Kinder sind ja mit diesen sehr schweren Binderungen geboren, weil die Mutter ein Drogen- oder ein Alkoholproblem hat und finanziell am Existenzminimum lebt. Und dafür gibt es ja diese speziellen Einrichtungen.

Aber die Kinder können absolut gar nichts für ihre Familienverhältnisse. Und das darf für sie auch kein Nachteil sein. Sie stehen am äußersten Rand in unserer Gesellschaft und das ist für mich nicht akzeptabel. Sie sind die Schwächsten der Schwachen in einem der reichsten Länder auf der Welt, vielleicht sogar im reichsten Land. Für mich muss in diesem Punkt mehr kommen, denn ich glaube, eine Gesellschaft zeichnet sich darin aus und definiert sich auch damit, wie sie mit den Schwächsten der Gesellschaft umgeht.

Deshalb steht für mich außer Frage, dass ich zumindest meinen Freunden aus der Behinderteneinrichtung helfen will. Auch wenn es für mich sehr schwierig werden wird. Denn mir fehlt es besonders an Unterstützung. Das fängt mit der rechtlichen Hilfe an und hört mit dem Geld auf. Ich hätte mir nie gedacht wie schwierig und kompliziert es sein kann, einfach nur helfen zu wollen. Warum ist das so?

Deswegen möchte ich hier bei Maik die Chance nutzen, meine Gedanken und mein Anliegen zum ersten Mal öffentlich zu machen. Vielleicht hat ja einer von euch eine Idee? Ich bin für jeden Tipp oder Unterstützung dankbar!

Junior-Bloggerin Livia (Website) aus München ist trotz ihrer jungen Jahre bereits eine alte Häsin hier. Als Erste Kolumnisten ist sie bereits seit September 2015 hier aktiv und schreibt monatlich über gesellschaftliche Dinge aus der Sicht einer modernen Jugendlichen.
Beitrag von: Livia Dienstag, 15. September 2020, 08:30 Uhr

3 Kommentare

  1. Maik says

    Wie wäre es mit einer Steady-Kampagne? So hätte man es fortlaufend, da die Unterstützenden monatlich etwas Geld geben und man könnte unterschiedliche Stufen einbauen, die sagen „Ab XX Euro können Y Kinder betreut werden“.

  2. Pingback: Kolumne: Warum ist „helfen“ so kompliziert? – Livia Josephine Magazin

  3. Pingback: Meine Kolumne für das Online-Magazin LangweileDich.net – Livia Josephine Magazin

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