Die offizielle Wahl zum Jugendwort des Jahres findet nicht mehr statt. Der Grund dafür ist einfach, der Langenscheidt Verlag wurde an das Konkurrenzunternehmen Pons verkauft. Deshalb gibt es auch kein Jugendwörter-Lexikon mehr. Die Wahl wurde eigentlich nur aus Marketing Gründen 2008 eingeführt, somit hat man auf die Jugendwort-Wahl einfach mal verzichtet. Aber die Wertschätzung, die das Jugendwort des Jahres für uns Jugendliche zeigt, hat man dabei, glaube ich, unterschätzt. Es ist mittlerweile schon ein fester Bestandteil unserer Jugendkultur geworden, vielleicht sogar der ganzen Gesellschaft.
Deshalb fand ich es auch sehr schade, dass es kein Jugendwort des Jahres 2019 geben sollte. Was jetzt aber nicht heißt, dass ich das einfach so hinnehme. Ich wollte mir das nicht so einfach wegnehmen lassen, denn meine Generation hat nicht oft die Möglichkeit, in den Fokus der Öffentlichkeit zu kommen. Was aber wichtig ist, besonders wenn man sieht, wie unsichtbar oft jugendpolitische Themen in der Politik und in der Gesellschaft sind. So hat das Jugendwort des Jahres auch einen kleinen politischen Charakter für mich. Es soll einfach heißen – Hallo, wir sind auch noch da!
Jugendsprache ist real und gelebte Jugendkultur, so war es früher und so ist es heute. So hat das Jugendwort des Jahres auch nichts mit Statistik zu tun, sondern es zeigt einfach das Selbstbewusstsein meiner Generation. Es geht auch nicht darum, das meistgesprochene Jugendwort zu finden, was eh nicht möglich ist. Ich wollte mit meiner Idee das „alternative Jugendwort des Jahres“ zu suchen, ein Wort präsentieren, das direkt aus der Mitte meiner Generation kommt. Was viel einfacher ist, wenn es keine Online-Befragung gibt, weil dann einfach immer nur irgendwelche Wortkreationen rauskommen, die zwar vielleicht witzig sind aber eben kein echtes Jugendwort darstellen. Nein, ich wollte ein Wort das tatsächlich in meiner Generation im normalen Gebrauch ist.
Ich saß ja selber bereits von 2016 bis 2018 in der Jury zum Jugendwort des Jahres und habe mich nicht nur in meinem Umfeld umgehört, sondern auch mit einigen meiner ehemaligen Jurykollegen. Hauptsächlich waren es Schüler und Studenten verteilt aus ganz Deutschland im Alter zwischen 16 und 21 Jahren. Wie u.a. Maxim Christof Seehagen, 19, Student, Cartoonist (Herrmann Comix) aus Einbeck oder Denise Kunze, 17, Schülerin aus Minden (Nordrhein-Westfalen). Aber auch der Verein „Zeichen gegen Mobbing“, der sich an sehr vielen Schulen gegen Mobbing engagiert, hat mich dabei unterstützt.
Natürlich sind da einige Wörter gefallen wie zum Beispiel „same“ oder „Digga“ aber ein Wort fiel besonders auf und hatte letztlich auch die größte Unterstützung von fast allen. Das Gewinnerwort „Ja, Moin!“ kennt man also in Niedersachsen genau so wie bei mir in München und somit ist es vielleicht auch eines der ehrlichsten Jugendwörter des Jahres geworden, die es je gab. Dass ich die viele Unterstützung dafür bekam und wir dann tatsächlich unser „alternatives Jugendwort des Jahres“ am 08.11.19 so präsentieren konnten, macht mich schon ein bisschen stolz. Also, wenn das Aus für das offizielle Jugendwort des Jahres für etwas gut war, dann für die Tatsache, dass wir Jugendliche es auch aus eigener Kraft schaffen können, ein eigenes Jugendwort des Jahres zu finden. Auch die Reaktion der Presse war höher als ich mir gedacht hatte. So hat die Süddeutsche Zeitung, die Welt oder auch n-tv darüber berichtet. Und eine der bekanntesten Cartoonistinnen (@erzaehlmirnix) hat auch schon ein satirisches Cartoon über unser „Ja, moin!“ gemacht. Was auch ein Zeichen ist, dass wir mit unserer Wahl zum „alternativen Jugendwort des Jahres“ ernst genommen werden. Vielleicht nicht von allen aber von vielen und das ist viel mehr als ich mir erhofft habe.
Und für alle aus der älteren Generation die nicht wissen was „Ja, moin!“ eigentlich heißt: Es hat nichts mit der Begrüßung zu tun, die man aus dem Norden Deutschlands kennt. Es ist einfach ein Ausdruck der Verwunderung über etwas oder über jemanden.
Bild: Steffen Gumpert
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