Meine Welt nach den Übergriffen in der Kölner Silvester-Nacht.
Erst jetzt, ein Vierteljahr danach kann und will ich darüber schreiben. Ich kann jetzt darüber schreiben, weil ich meine Gedanken erst ordnen musste, was nicht einfach war. Für mich ist es immer noch nicht vorstellbar, warum man vor Krieg in seiner Heimat flüchtet und gleichzeitig in dem Land wo man mit offenen Armen empfangen wird, selber Gewalt ausübt. Ich war, wie jeder andere glaube ich auch, total geschockt und gerade für uns jugendliche Frauen war dieser Vorfall schon sehr angstfördernd. Oft denke ich daran zurück und hoffe, dass ich so was niemals selbst erfahren muss.
Um das ganze besser einzuordnen, stellte ich mir erst mal diese Fragen.
Was war passiert in der Kölner Silvester-Nacht?
Etwa 1.000 Männer umzingeln und belästigen Frauen und Mädchen. Bis jetzt sind über 1.000 Anzeigen erstattet worden und das nur in Köln.
Was hat die Polizei seitdem gemacht?
Die Kölner Polizei hat im Januar die Ermittlungskommission „Neujahr“ gegründet. Hier arbeiten seitdem 120 Polizeibeamte und ermitteln, um die Täter zu finden. Laut Focus.de wurden bis jetzt aber nur 73 Beschuldigte ermittelt und 15 sitzen in U-Haft. Nach Angaben von Zeugen sollen die Täter damals nordafrikanischer oder arabischer Herkunft gewesen sein, wie auch bei Focus.de berichtet wurde.
Wie hat die Politik darauf reagiert?
Es wurde gesagt, wie zum Beispiel von Ole Schröder (CDU), dass es für ausländische Straftäter keine Zukunft in Deutschland gibt. Es werde nicht geduldet, wenn Flüchtlinge Frauen ungleich behandeln, auch wenn dies mit Religion begründet wird.
Klar, die Politik hat reagiert und die Polizei macht ihre Arbeit. Besser geht es mir aber trotzdem nicht. Weil die meisten Flüchtlinge einfach nur Menschen sind, die Hilfe brauchen. Sie flüchten aus ihrer Heimat, weil Krieg und Elend ihr Leben zerstört. Und die Tat von Silvester von nur einigen wenigen schürt von einem Tag zum anderen Misstrauen in unserer Gesellschaft. Das finde ich nicht gut aber ich muss zugeben, dass ich dieses Gefühl selber hatte.
Zu sagen, dass ihre Religion die Hauptschuld daran hat, ist mir viel zu einfach. Bei unseren christlichen Zehn Geboten steht auch, dass man nicht stehlen darf aber gestohlen wird trotzdem. Aber ist deswegen jeder Christ ein Dieb? Natürlich nicht! Genau so wenig ist auch nicht jeder Moslem ein Dieb oder Gewalttäter.
In den Nachrichten höre ich oft das Wort „Integration“. Aber was heißt eigentlich Integration? Der Duden sagt: Verbindung einer Vielheit von Personen oder Gruppen zu einer gesellschaftlichen und kulturellen Einheit (soziologisch). Das hört sich schon beim Lesen nach einem sehr langen Prozess an. Auch die Schulzeit dauert bei uns mindestens 9 Jahre um genug zu wissen, um in die Gesellschaft „integriert“ zu werden.
Ich glaube nicht nur schärfere Gesetze und Strafen sondern vor allem mehr Hilfe für die Integration ist wichtig. Schulen und Lehrer für alle Flüchtlinge wären für mich eine Idee. Damit sie so schnell wie es geht unsere Sprache und Kultur lernen und verstehen. Weil nur wenn man sich gegenseitig versteht und respektiert kann das was werden.
Bei uns in der Schule wird immer noch über dieses Thema diskutiert und viele Mädchen haben die gleichen Ängste. Genau wie ich auch, meine Welt hat sich da etwas verändert. Es ist sehr schwer über die eigenen Ängste zu schreiben, aber ich finde es wichtig, diese auch zu zeigen. Weil ich denke, dass es wichtig ist, das eigene Leben so normal wie möglich weiter zu leben.
Das Herz hat auch mal Angst aber der Kopf sagt es ist falsch – Herz oder Kopf? Bei mir ist es Herz und Kopf, weil nichts geht ohne dem anderen! Weil doch alle die gleichen Gefühle haben, egal wo sie geboren sind, weil wir alle Menschen sind.
(Das ist ein Gastbeitrag von der 14-jährigen Junior-Bloggerin Livia. Mehr demnächst hier und natürlich auf ihrem Blog.)
Verbindung einer Vielheit von Personen oder Gruppen zu einer gesellschaftlichen und kulturellen Einheit (soziologisch).
Wer sagt, dass dies zu einer Einheit unter freiheitlich, demokratischer Grundordnung führt.
Schopenhauers Entropie-Gesetz:
„Wenn man einen Teelöffel Wein in ein Faß Jauche gibt, ist das Resultat Jauche.
Wenn man einen Teelöffel Jauche in ein Faß Wein gibt, ist das Resultat ebenfalls Jauche.“
Bei solchen Kommentaren wird einem schnell klar, wer in diesem Fall die Jauche wäre… Arme zu Integrierende.
Vor allem so ein schöner misanthropischer Ansatz – Das hieße ja schließlich, dass eh alles(!) vergebens ist, sobald mehr als eine handvoll Menschen beteiligt ist. Das macht das Denken immerhin sehr simpel.
Vom Großen (Politik): Ein Politiker korrupt – das ganze System ist also hinfällig. Ein gutes System kann man bei einer hinreichenden Anzahl Menschen diesem Prinzip folgend auch gar nicht schaffen!
Und das bis ins Kleine (Familie): Ein Familienmitglied einer bodenständigen, helfenden Familie baut Mist – wenn die Familie diese Person nicht verstößt, ist auch diese Familie zur Jauche definiert.
Traurig, dass Menschen so fatalistisch denken. Was ist denen nur passiert?
Nein, da bin ich optimistischer und glaube an den Menschen als Ganzes in seiner kompletten Vielfalt. (Die Evolution besagt ja auch, dass es Extreme geben muss, um eventuell auf eine veränderte Umwelt reagieren zu können.) Man muss nur zusehen, wie man mit den jeweiligen Extremen im Einzelfall(!) und vor allem in einer Zivilisation (wir sind inzwischen mehr als Tiere) umgeht.
Und im Großen und Ganzen klappt es doch auch und es geht uns verdammt gut!
Danke!
Ja, ich bin der gleichen Meinung. Da fällt mir auch der super Vergleich von Bernhard Hoecker ein. Kennt den wer?
Find ich genial…….
Yep, kenne ich. War auf seine simple Art und Weise nett, wenn er mir auch etwas überhyped wurde. :) (bzw. es schlimm ist, dass so etwas erst in der Form dargestellt werden muss, damit es bei vielen „Klick“ macht und bei einigen leider noch immer nicht…)
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