TITEL | Die Känguru-Chroniken | START | 05.03.2020 | |
GENRE | Comedy | REGIE | Dani Levy | |
CAST | Dimitrij Schaad, Rosalie Thomass, Volker Zack, Henry Hübchen, Bettina Lamprecht … | URTEIL | ||
KURZUM | Lustig. Klings Känguru vs. den deutschen Komödienfilm. |
Mit Spannung hatte ich sie erwartet, die Verfilmung der Kult-gewordenen „Känguru-Chroniken“ von Autor Marc-Uwe Kling, die ich vor allem als Hörbuch (Partnerlink) verschlungen hatte. Mehrmals. Als im Frühjahr 2018 bekannt wurde, dass der (Vor-)Lesestoff nun eine weitere sinnliche Komponente, nämlich das bewegte Bild, erhalten sollte, war ich zwiegespalten. Buch-Verfilmungen sind ja eh immer so eine Sache für sich, Stichwörter: „Fantasie des Lesers“, aber hier ganz besonders. Am 28. Januar hatte ich die Möglichkeit, den Kinofilm im Rahmen einer Pressevorführung in Berlin bereits anzuschauen und jetzt darf ich euch auch endlich im Detail (ich bleibe dabei aber möglichst spoilerarm!) beschreiben, wie es war. So viel vorab: Nicht so schlimm wie erwartet, aber auch nicht so gut wie erträumt. Solide umgesetzt bis gut unterhalten halt. Hätte schlimmer sein können. Das klingt jetzt negativ, aber es hat eben einen ganz großen Trumpf auf Lager: das Känguru!
Schau an, ein kommunistisches Känguru!
Die ersten Trailer hatten uns ja bereits gezeigt, wie die Animation des Kängurus aussehen wird. Oder auch, dass es überhaupt eine gibt. Durchaus fraglich war ja zuvor, wie man dieses sonderbare Tier auf die Leinwand bringen würde. Als lediglich eingebildete Figur? Als menschliche Adaption? Nein, als echtes Känguru. Also, so echt, wie es der Computer nun mal aussehen lassen kann. Sicher hätte Hollywood mit ein paar Euros mehr im Produktionsbudget noch ein realistischer anmutendes Beuteltier auf die Leinwand gezaubert bekommen, aber ich war grundsätzlich recht zufrieden, wie diese technische Hürde gemeistert werden konnte. Das hatte ich mir vorab deutlich schlimmer ausgemalt. In einigen Momenten wirkt es noch künstlich eingefügt, in anderen ist recht offensichtlich, dass man bewusst die Handlung verdeckt oder außerhalb des Bildausschnittes hat stattfinden lassen und ja, die Mundbewegungen waren seltsam verschlossen. Aber ansonsten hat das durchaus gepasst. Immer noch besser als ein CGI-Reh in „The Walking Dead“…
Der typische Känguru-Humor war natürlich auch da. Das liegt vor allem daran, dass Marc-Uwe Kling dem Tier gewohnt seine Stimme verliehen hat. Timing und Frequenz haben entsprechend gepasst. Für die Bewegungen des Tiers am Set war Volker Zack zuständig, quasi der Andy Serkis Deutschlands (ihr wisst schon, „Gollum“ und so). Aufgrund wiederholt betonter Schauspiel-Laienhaftigkeit hat Kling sich selbst übrigens nicht verkörpert, sondern Dimitrij Schaad als Abbild für sich gewinnen können. Hier war ich zunächst auch etwas skeptisch. Aber die Besetzung hat super gepasst. Schaad hat nicht nur optisch einen überzeugend antriebslosen und lethargischen Kleinkunst-Klugscheißer dargeboten, sondern klang auch stimmlich recht nah am Hörbuch-Original.
Buch vs. Film
Wo wir gerade beim Vergleich sind. Viele hatten ja auch Angst, dass der Film eine 1:1-Umsetzung des Hörbuches sein würde. „Angst“ ist vielleicht etwas hoch gegriffen, aber man hätte dann halt alles bereits gekannt, was ja auch in gewisser Weise langweilig gewesen wäre. Aber nein, dem ist nicht so. Zwar wurden einzelne Kapitel mehr oder weniger komplett übernommen (z.B. die im Trailer bereits angerissene Eierkuchen-Szene), die Grundgeschichte ist aber mehr oder weniger komplett neu und wurde auf einen recht typischen Film-Plot zurechtgestutzt.
Das Grundhandlungs-Konstrukt dient aber vor allem dazu, den Figuren und Running Gags der Vorlage Raum zu bieten. Denn immer wieder werden den Fans der „Känguru“-Reihe kleine Referenzen aus dem großen Kult-Kosmos zugeworden. Leider schafft der Film es nur selten, den im Buch von stetiger Wiederholung lebenden Humor entsprechend abzubilden. Manche Anleihen wirken so leider eher zwanghaft eingeworfen denn wirklich homogen eingefügt. Das ist vor allem am Ende des Films so. Da wirkt es, als sei zu wenig Film vorhanden für all das, was man eigentlich noch gerne eingebaut hätte. Viele der Running-Gags konnten so nur einmalig angeführt werden, was Leuten, die die Vorlage nicht kennen, wohl nicht wirklich einleuchten dürfte (und das „Running“ entsprechend aus der Bezeichnung nimmt).
Allgemein habe ich mich zwischenzeitlich gefragt, ob das andere Erzähltempo und die Darstellungsart das Problem sein könnten? Im Film gibt es wirkliche Action-Sequenzen und als Zuschauer sind wir ein gewisses Tempo im Dialog und der Inszenierung gewohnt. Dagegen liest Kling die Erzählung eher gleichmäßig und schürt auch Humor durch Verlangsamungen und dem Spiel mit der Stimme, was auf sich konzentriert einfach besser funktioniert. Stoische Ruhe ist eben nur schwer darstellbar (auch wenn Schaad das wie gesagt gut macht, aber das wirkt eben im sonstigen „Trubel“ dann schnell phlegmatisch).
Witzig oder nicht witzig?
Vor allem in der ersten Hälfte gab es einige Momente, in denen ich lachen oder zumindest schmunzeln musste. Seien es Anspielungen auf die Original-Vorlage, der ein oder andere skurrile Gaststar oder eben ein wirklich neuer Witz, der zünden konnte. Das Känguru selbst ist eben einfach noch immer absolutes Comedy-Gold und weiß neben seiner direkt-trotzigen Art auch mit der ein oder anderen gar nicht so unfalschen Gesellschaftskritik aufzuwarten. Also ja: lustig. Das wurde in der zweiten Hälfte leider zunehmend weniger, denn dann trat der größte Bösewicht des deutschen Fernsehfilms auf den Plan: der deutsche Fernsehfilm.
Die Story strotzte nur so vor Zufällen, die teilweise auch einfach nicht mehr wirklich logisch zu erklären sind. Dass (kein wirklicher Spoiler) eine stinkreiche Figur den gleichen Psychologen aufsucht, wie eine eher nicht so gut betuchte, ist nur eine von mehreren Seltsamkeiten. Gut, die Sitzungen hatte Marc-Uwe geschenkt bekommen, aber in dieser Hinsicht gibt es etliche Momente, die mehr als zurechtgebogen wirken. Vor allem für die Kürze, in der die Erzählung spielt. Anderes Beispiel für den Moment, wenn ihr den Film gesehen haben solltet: Park-Fuzzi-Sicherheitspartykräfte.
Allgemein wirkten die Figuren recht überzeichnet, was bei der comichaften Vorlage an sich nicht unbedingt schlimm wäre, aber die Geschichte selbst möchte (so habe ich es zumindest wahrgenommen) eigentlich ganz gerne ernst genommen werden. Dazu waren sie leider größtenteils recht eindimensional und das Schauspiel leider sehr „deutsch“ – subtil ist anders. Aber gut, ist eben eine Komödie… Aber so konnte trotz einiger Klischee-brechender oder mit ihnen spielenden Einfälle, wie vor allem die Einleitung in den Film, nicht ganz Abstand von ihnen gewonnen werden.
So bleibt am Ende das, was ich eingangs versucht hatte, zusammen zu fassen. Zum einen die Erleichterung, dass mit dieser Verfilmung kein Kult-Klassiker „ermordet“ wurde. Größtenteils hat das wirklich standesgemäß stattgefunden, was natürlich auch der engen Zusammenarbeit mit Marc-Uwe Kling selbst zu verdanken sein dürfte. So wurde die eigentlich unausweichliche Enttäuschung der durch den hohen Kultfaktor ebenso hohen Erwartungshaltung an den Erzählstoff gekonnt umschifft. Zum anderen ist da aber halt die allgemeine Einordnung, die selbst nach Einberechnung des „Känguru-Bonus'“ eben auf dem Niveau einer typischen, deutschen Kino-Komödie liegen bleibt. Einer guten, wohlbemerkt, aber eben keiner sensationellen.
Der Film „Die Känguru-Chroniken“ ist unterhaltsam bis lustig, kurzweilig (was bei ~90 Minuten heutzutage inmitten von Überlänge-Odysseen aber beinahe automatisch der Fall ist), bisweilen frisch und hat eben mit dem Känguru ein tierisches Ass im Ärmel. Die Grundstory ist aber überzeichnet, teilweise platt und wirkt offenkundig nur als Rahmen für diverse Anspielungen und das Einbringen des eigentlichen Känguru-Inhaltes. Insgesamt ist der Film dennoch einen Kinobesuch oder das spätere Anschauen wert. Für Fans der (Hör-)Buchreihe genauso wie für Leute, die noch nie was von Marc-Uwe Kling (im übertragenen oder wörtlichen Sinne) gehört haben. Für die vermutlich noch mehr, da alles für sie neuer und unbekannter wirkt (vielleicht hätte ich als Nicht-Kundler gar 4 Sterne vergeben, wer weiß?). Und mit dem Abschluss des Films hat man sich zumindest die Option auf eine filmische Fortsetzung offen gelassen. Genug Vorlage-Material wäre ja noch allemal vorhanden!
A pro pos: Bleibt beim Abspann sitzen. Mehrfach. Bis zum Ende.
Alles Weitere zu „Die Känguru-Chroniken“ gibt es auf der offiziellen Unterseite zum Film beim X-Verleih.
Filmszenen-Bilder: X-Verleih
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