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Ziemlich genau zwei Jahre ist es her, als ein schmächtiger Junge mit Panda-Maske zunächst im Web und dann mit Vorliebe auf den oberen Charträngen auftauchte. Jetzt zieht Cro mit seinem zweiten Album nach, mittlerweile sind die Erwartungen jedoch deutlich von Gute-Laune-Musik auf Hit-Garantie gestiegen. Ob der Rapper ihnen standhalten kann?
Fanfaren kündigen ihn an, Bässe intonieren sein Näherkommen. „I can feel it“ singt eine weibliche Stimme. Das Intro zum Album kommt bereits epochal daher. Und zeigt direkt, dass es nicht nur selbstverherrlichend, sondern vor allem sommerlich-leicht hergehen wird in den kommenden Minuten. Und, dass es deutlich „raphafter“ abgehen wird als zuvor. Doch der „coolste im Game“ wird jäh unterbrochen. Nein, die Anlage ist nicht kaputt, Track 2 drängt sich einfach enorm auf. Und schon ist Cro kein Einzelgänger mehr, sondern mit Entourage am Start. Die manifestiert sich in Person von Dajuan, dem einzigen Feature auf der kompletten Platte, aber eine willkommene Abwechslung zur Panda-Stimme. Und gibt erste musikalische Einflüsse von Marteria preis… Bang, bang, bang!
„Wir kommen zu deinem Stress und machen Party ohne Grund!“
Durchaus ein Knaller-Beginn. Zwei sehr direkte Tracks, energetisch und kompakt. Erinnerung kommt da etwas klassischer daher, wirkt trotz high-pitch-Sample etwas bedrückend, kann die Energie der ersten Songs nicht ganz halten. Vom folgenden Traum habt ihr sicherlich schon gehört… Der erste Track, der die Lockerheit und das „Pop“-Enzym der ersten Cro-Platte mitbringt.
Bad Chick ist der bisher schwächste Track der Platte. Recht einfallsloser Beat, schwacher Refrain, kann bspw. gegen ein Böses Mädchen von K.I.Z nicht mithalten. Aus „Never Grow Up“ wird findiger Weise „Never Cro Up“ bei Track 6. Cro kann man aufgrund seiner etwas kindlich-unschuldigen Bühnen-Performance durchaus die Peter Pan-Rolle abkaufen. Da passen auch schlechte Witze und billige Wortspiele im Text. Aber der Track selbst hat leider eher Mixtape-Niveau, sticht auch nicht wirklich heraus. Eine kleine Zeitreise gibt es bei 2006. Prioritäten haben sich durch den rasanten Erfolg verändert. Auch der Stil. Spätestens hier sollte der Hörer gemerkt haben, dass es eben nicht mehr „Raop“, also die Mischung aus Rap und Pop, zu hören gibt, sondern reinsten Hip Hop.
Das merkt man auch bei Cop Love, weniger Mitsing-Refrain, mehr Geschichten-Erzählen ist angesagt. Cro schafft es hier, eine Szenerie zu erschaffen und kommt ohne großes Herumgesinge aus. Wirkt hier stimmiger als bei manchen Tracks zuvor und wirkt als Ergänzung für das Album stimmig. Lockerleichter wird es bei Hey Girl, einer modernen Gleichnis-Liebeserklärung. Gut konzipierter Text, lockerer Beat, das ist eher die „klassische“ Cro-Mischung, die man wohl erwartet hätte. Dazu ist der Gedanke einfach schön, dass man die andere Person so sehr mag, dass man alles mitmacht, auch wenn es noch so bescheuert klingt.
„Wärst du Langeweile, ständ ich gerne mal im Stau.“
Ruhiger, atmosphärischer und entspannter wird es darauf mit dem Rennen. Erneut etwas beschwerlich, ein Kontrast zum eingangs demonstrierten Sommer-Flow. Das Intro zu Vielleicht könnte direkt aus einem jüngeren Kanye West-Album stammen. Auto-tuned Stimm-Melodie, langsamer, atmosphärischer Aufbau, einsetzender Bass. Fehlt nur noch John Legend im Refrain. Erneut sehr ruhig gehalten, vielleicht in Kombination mit Rennen etwas zu viel auf Einmal. Jetzt weckt aber wieder auf – und wird sicherlich noch als Single-Auskopplung durch die Radio-Landschaft gejagt. Klar, ist die Formel doch erfolgsverheißend abgeguckt, im Refrain kann man 1:1 die Lines aus Marterias Kids ansetzen. Wirkt leider etwas abgekupfert… Dennoch energetischer Track und einer der besten auf der Platte.
„Mein Nachbar hört jetzt Rap – ob er will oder nicht!“
Das erste richtige Indie-Sample folgt von Two Door Cinema Club im Song Wir waren hier II. Dadurch kommt das spätsommerliche Feeling zurück, das man zur Mitte der Platte vermisst hat. Zum Glück ebenso beim abschließenden Titel-Track des Albums. Auch wenn hier in der Bridge auch ordentlich Kanye mitschwingt, kann man das als gelungenen Abschluss wahrnehmen. Passend textet er selbst vom „deutschen Kanye West“ auf gelungenem Down-Beat. Davon hätte ich auf der kompletten Platte gerne mehr gehört…
Urteil:
Cro sagt es am Ende selbst. Fans wollen, dass er wie vor einem Jahr rappt. Lockerleicht mit Mitsingfaktor. Doch – um die Phrase in den Raum zu werfen – Cro wird erwachsen. Schluss mit Pop, jetzt wird es Rap. Oder zumindest erst einmal Hip Hop. Klar, das Album wird sich, auch durch die klug ausgewählte Single, wie Bolle verkaufen. Aber es stellt sich die Frage, ob die Pop-Teenie-Fanbase rechtzeitig mitgewachsen ist, um die deutlich schwerere und textlastigere Ausrichtung mitzutragen. Dafür dürfte Cro als Hip Hop-Artist deutlich ernster genommen werden, für mich – wenn er den Weg konsequent weiter geht – eine interessante Entwicklung. Dennoch war die Kracher-Dichte bei Raop deutlich höher.
Groß: kein Track wurde vom Mixtape Sunny zweitverwendet. Finde es immer wieder krass, wie viel Output die Chimperators machen und teils kostenlos unters Volk bringen. Hier hat man Musik noch verstanden! Dazu ist das Album gut durchkonzepiert. Skits, Übergänge, Intros und Outros – alles wirkt kompakt, wie ein großes Set, ohne wirkliche Pausen zwischen den Tracks. Alles in allem kein schlechter zweiter Wurf, aber vielleicht nur eine Zwischenstation.
Zwei neue Tracks kann man bei diesem Ausschnitt aus dem Release-Konzert am Tag am See hören:
Tracklist:
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Tourdaten:
07.11.2014 CH-WINTERTHUR |
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