Keine Sorge, hier gibt es jetzt keine Witze über Klopapier, Nudeln und Hefe. Damit lockt man ja keinen Hamster mehr hinterm Ofen vor. Auch wenn die zahlreichen Witze oft zutreffend sind, so sind sie mittlerweile doch nervig. Genauso nervig, wie vor leeren Regalen zu stehen.
In meiner ersten DDR-Erlebniswoche wurde mir klar, dass viele erst zu Hamstern werden, weil panische Möchtegern-Prepper völlig ausrasten. Sucht man stinknormale Hefe, wird man von der freundlichen Verkäuferin herzlich ausgelacht. Ich erwarte, dass nach Corona jeder Haushalt problemlos einen super Pizzateig oder einen herausragenden Hefeteig-Streuselkuchen aus dem Ärmel schütteln kann. Rezepte zum selber Ansetzen von Hefe sind im Umlauf und werden perfektioniert. Im wilden Entdeckerwahn sind einige sogar dazu bereit, Bier zu opfern. Man kann natürlich auch Dattelwasser ansetzen. Egal! Alles für die Wissenschaft und das Überleben. Nun gut.
Ich habe ein paar Tütchen Trockenhefe über zwielichtige Kanäle bekommen. Per Post. Und ich war einen Moment versucht, ein Tütchen von diesem grauen Gold bei eBay zu verticken und mir endlich meine Südseeinsel zu kaufen. Aber wie soll man da momentan hinkommen? Ich habe mit den Kindern ein Brot gebacken. War auch super. Was ist aber nun, wenn man etwas braucht, womit nicht gedealt wird? Es nützt nichts, man muss einkaufen gehen.
Die Discounter stellen seit einiger Zeit uniformierte Sicherheitsleute vor ihre Tür. Wir sind stolz auf unseren, denn er hat Humor. Jedes ankommende Pärchen begrüßt er mit: “Sind sie glücklich zusammen? Das endet hier!”. Verdattert überreicht Partner Eins Einkaufszettel und Portemonnaie an Partner Zwei und stellt sich auf einen Parkplatz. Nein, das ist kein Witz. P1 wird geparkt. Und da stehen sie dann. Reihenweise Menschen. Ausgeschlossene des Wahnsinns, der sich Wocheneinkauf nennt. Unsicher schauen sie sich um, zücken die Handys und twittern über ihr Ungemach bis P2 wieder auftaucht.
Als Erziehungsberechtigter von kleinen Kindern kann man sich das bunte Treiben in Ruhe anschauen. Unser Partner Zwei gluckt ja eh daheim über der Brut. Mit bebender Stimme und Taschentuch schwingend wurde man auf den apokalyptischen Quest geschickt. Nachdem man an den Parkplatz-Opfern vorbeigehuscht ist, steht man vor den Einkaufswagen. Da wäre mein Abenteuer dann auch schon fast beendet gewesen! Benutzte Desinfektionstücher und umgestülpte Einweghandschuhe IN den fahrbaren Transportboxen! Mir, der Sammlerin von farbenfrohen Schimpfwörtern, sind dann direkt einige entschlüpft. Verschreckte Blicke der blassen Parkplatz-Aussetzlinge waren der Dank. Aber im Ernst, ist das die Corona-Solidarität von der so geschwärmt wird? Der Mülleimer steht direkt neben den Einkaufswagen. Man stolpert fast drüber. Der ist leer. All‘ diesen Ferkeln möge das Klopapier im Vorratsraum abfackeln.
Über die Ganzkörperkondomträger wird sich ja gerne lustig gemacht. Wahrscheinlich weil sie die Minderheit sind. Denn drinnen im Laden tummeln sich Menschen aller Risikogruppen… hups, ich meine Altersstufen. Wie in den guten alten Zeiten geht man einträchtig zwischen Toastbrot und Dosenfleisch bummeln. Im Einkaufsradio läuft passend dazu: “You’ll never walk alone”. Es herrscht die Stimmung gemütlichen Gruppenkuschelns. Außer in Gang Sieben. Da steht das Klopapier.
Daheim wäscht man sich dann durch die zweifache “Happy Birthday”-Quarantäne und atmet tief durch. Man nimmt sich fest vor, nie nie nie wieder einkaufen zu gehen. Zuhause ist es doch auch ganz schön.
#stayhome
#staysafe
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