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Reduzierung auf das Wesentliche

Braucht es Luxus überhaupt?

Braucht es Luxus überhaupt? luxus

„Es sind die kleinen Dinge im Leben“, „Echtes Glück kann man nicht kaufen“ oder auch „Freundschaft und Liebe sind die größten Schätze der Welt“ – Redewendungen gibt es zuhauf, was das Einordnung von Materiellem anbelangt und wie so oft liegt da auch verdammt viel Wahrheit drin. Und dennoch ist es halt verdammt cool, tolle Dinge zu besitzen. Das führt soweit, dass es Luxus-Villen für Hamster gibt oder Leute einen Luxus-Influencer-Lifestyle mittels Photoshop vortäuschen. Aber braucht es das wirklich? Ich meine nein. Also, zu 99%.

Denn ich habe ein Problem: Ich mag neue Dinge. Vor allem, wenn sie gerade auf den Markt gekommen sind. Beim neuen iPhone schaffe ich es ja zumindest, meine zweijährigen Vertragslaufzeiten abzuwarten (*schulterklopf*), in den entsprechenden Jahren KÖNNTE ich ja auch warten, bis das im Dezember der Fall ist, aber nein, das Gerät wird vorbestellt, damit es am Erscheinungstag da ist. Bei Videospielen habe ich es mittlerweile wenigstens geschafft, AAA-Titel, die ich super gerne spielen würde, entweder gar nicht oder erst deutlich nach Release zu holen. Aufgrund von Zeitmangel komme ich eh kaum dazu, die zu spielen, da muss ich nicht 70 Tacken für hinlegen. Aber ich schweife ab, denn ist das bereits wirklich Luxus? Ja, eigentlich schon.

Was ist Luxus?

Luxus ist nämlich eine Frage der Perspektive. Manch reiche Person mag meinen, dass die eingangs erwähnten Redewendungen eben aus den „unteren Schichten“ stammen, die sich das geldlosere Leben so schön zu reden vermögen (Pun intended). Da mag psychologisch gesehen auch etwas dran sein, keine Frage. Aber wenn wir wirklich mal alle ehrlich sind, braucht es zum Überleben vor allem ein paar zentrale Dinge, die eher biologischer Natur sind: Wasser, Nahrung und Sauerstoff, um mal ein paar Big Player zu nennen. Gut, Wasser und so muss man kaufen, dazu braucht man einen Job, idealerweise auch ein Dach über dem Kopf – you know it. Luxus ist meiner Meinung nach, sich keine Gedanken um das Überleben machen zu müssen und eben alles, was über die tatsächlichen Must-Haves hinaus geht.

Braucht es Luxus überhaupt? luxus_02

Und nein, damit meine ich nicht unbedingt Sportwagen, Golduhren oder Luxus-Klamotten. Ob ihr nun Manolo Blahnik, Louis Vuitton oder Moncler im Schrank habt, macht euch vielleicht etwas schöner und lässt euch für einige Momente wohler fühlen, aber es gibt auch schöne Kleidung ohne teure Markenlabels. Aber klar, man soll sich auch mal was gönnen, wenn man denn kann. Worauf ich aber eigentlich hinaus möchte (nach 374 Wörtern, stark, Maik…) ist, dass man mit weniger sogar besser leben kann.

Weniger ist mehr

Noch so ein Spruch, der so reduziert wirkt, und an dem dennoch so viel dran ist. „Weniger ist mehr“ ist somit für sich bereits ein gutes Beispiel. Was vor allem für Design-Dinge gilt, ist auch auf das eigene Leben übertragbar. Wir sind von einer 4-Zimmer-Wohnung in Augsburg in eine 3-Zimmer-Wohnung in Berlin gezogen. Obwohl wir uns um rund 10 Quadratmeter Wohnfläche vergrößert haben, gibt es weniger Wand-Fläche. Auch, weil wir einige wirklich große (und geniale!) Flügeltüren haben. Und sogar Stuck! Das zum Thema Luxus, ähem… Jedenfalls haben wir weniger Stauraum, auch, weil unsere Kellerfläche von rund 8 Quadratmetern Stehhöhe auf 1,5 Quadratmeter Duck-Höhe reduziert worden ist. Also muss man das intensiviert machen, wozu Umzüge ja auch gut sind: Ausmisten. Und siehe da: Das Befreien von Krimskrams fühlt sich gut an. Das benutzt man doch eh nie! Manches hat schon mehrere Umzüge mitgemacht, ohne je seinen Karton zu verlassen! Also haben wir damit begonnen, einiges bei eBay Kleinanzeigen reinzustellen, zu Flohmärkten zu gehen, es zum Verschenken ins Treppenhaus zu legen, in die Altkleidersammlung zu geben oder – wenn nichts mehr half – wegzuschmeißen. Und während man so durch frühere Kauf-Euphorie wühlt und wirklich mal nach Marie-Kondo-Manier durchschaut, was einem noch einen „Spark“ verleiht, wird einem klar, dass man zu viel Scheiß kauft. Materiellen Nonsense, den man eigentlich gar nicht braucht.

Entsprechend frage ich mich das mittlerweile (so oft ich kann), ob ich bei originellen Dingen, die ich cool finde und gerne direkt spontankaufen würde, ob ich das wirklich nutzen werde? Mehr als ein Mal? Die Antwort darauf lautet dann oft: nein. Und das, worauf ich hinaus wollte: Ich persönlich fühle mich in einer leereren Wohnung besser. Ich mag Ordnung, obwohl ich Ordnung-halten hasse. Aus Filmen, Serien und Internet hatte ich mir irgendwann mal den Spruch angeeignet, dass wahrer Luxus ist, sich Lebensraum zu mieten. Reiche Leute haben immer riesige Villen, die mit geschmackvoll ausgesuchten Einzelstücken versehen sind, aber vor allem gaaanz viel Platz dezwischen, während wir Normalos unseren geringen Wohnraum vollprötteln. Gut, wer weiß, vielleicht ist Luxus auch, dieses eine zusätzliche Pröttel-Zimmer im Westflügel zu haben, wo es wie sau aussieht, aber nie jemand hinkommt (oder zumindest niemand mehr heraus, um davon berichten zu können…).

Werte und Gesellschaft

Um den Rahmen zum Beginn zu schaffen, folgt ein Blick auf die aktuelle Weltlage. Lockdowns, Isolation, etc. – ihr wisst schon, die Coronavirus-Pandemie. In dem Zuge sollte für viele Leute klar geworden sein, worauf es wirklich wirklich ankommt. Ja, auch ich habe zum Beispiel Mindereinnahmen, komme aber klar, ohne nachts wach liegen zu müssen, was ein absolutes Privileg ist. Und ja, ich kann nicht zu Konzerten gehen, weniger ins Restaurant, schlechter ins Kino und so weiter, was auch wirklich ätzend ist, aber auch das ist in gewisser Weise kultureller Luxus, den man entbehren kann. Was wichtig ist, ist vor allem Gesundheit. Und Familie. Und Freunde. Gerade in schweren Zeiten sollte das klar werden. Wenn man telefoniert, sich schreibt, videochattet oder online gemeinsam zockt – dann wird klar, wie reich man eigentlich ist. Und diesen Luxus sollte man wirklich schätzen und hüten wie einen Schatz. Denn erst, wenn er weg ist, weiß man vermutlich wirklich zu schätzen, was man an ihm hatte. Und dass man das mit keinem Geld er Welt wieder ausbessern kann.

Fotografien: Jonathan Francisca & Alice Alinari.

Beitrag von: Maik Freitag, 7. August 2020, 11:26 Uhr

Ein Kommentar

  1. Markus says

    Ein Leben ohne Kultur ist möglich, aber sinnlos!

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