Nach dem aktuellen Attentat im neuseeländischen Christchurch hat Journalist Michel Abdollahi einen Beitrag nochmal hervorgekramt, den er im Zuge des 2015er Germanwings-Unglückes für das KulturJournal des NDR erstellt hat. Leider sind Unglücke sowie das Betroffenheitsverhalten der Gesellschaft ja relativ zeitlos, so dass das erschreckend gut passt. Abdollahi hat damals Passanten auf der Straße nach ihren Meinungen hinsichtlich verschiedener Unglücke, in denen Menschen zu Tode kamen, sowie Rahmenparameter wie geografische Entfernung und Hautfarbe abgefragt. Die Ergebnisse sind zum Glück zumindest unterschiedlicher Natur, aber der eine oder die andere hat dann doch noch sehr alte Gedankenmuster im Kopf, wo man nur hoffen mag, dass sich das in den rund vier Jahren zu heute gebessert hat (bei zunehmendem Alters-Sturrsinn und der allgemeinen gesellschaftlichen Veränderung Deutschlands ist davon aber wohl leider nicht auszugehen…).
„In Neuseeland tötet ein rechtsradikaler Terrorist 50 Menschen. Die Medien berichten darüber, aber viele bleiben auch stumm, so auch die AfD, die mit ihrem Schweigen eine deutliche Botschaft sendet oder versucht mit wirren Äußerungen beispielsweise der Klimaktivistin Greta Thunberg eine Mitschuld zu geben. Ich habe für NDR Kultur mal nachgrefragt wann wo wie viele Menschen welcher Hautfarbe sterben müssen, damit man sich davon betroffen fühlt.“
Natürlich sind die Fragen doof und überzogen, das sollen sie aber ja auch sein, um entsprechende Antworten zu Tage tragen zu können. Dass gewisse Tode Menschen näher gehen als andere, ist übrigens bereits ein alter Hut und Teil der Nachrichtenwertforschung. Demnach sind geografische wie gesellschaftliche Nähe und die Negativität eines Ereignisses ausschlaggebend für die Relevanz, die Rezipienten aber eben auch Medien einem Inhalt zuschreiben. Natürlich interessiert mich als Deutscher weniger, wenn ein Australier sich beim Radfahren den Arm gebrochen hat, als wenn 100 Deutsche in einem Flugzeugunglück bei mir im Ort zu Tode gekommen sind. Schlimm wird es aber, wenn Leute zwischen 100 Menschen, denen das identische Unglück widerfahren ist, unterscheiden, weil sie anders aussehen.
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