Nice – nach dem 16. letzten Monat gibt es heute einen 14. des Monats – ideal für eine neue Ausgabe meiner Monats-mittig an einem Freitag erscheinenden „Kurzreviews“! Kurioserweise haben sich dieses Mal anscheinend alle Artists und Label gedacht, am 30. September veröffentlichen zu wollen, so dass wenig Musik auch wirklich aus diesem Monat stammt. Aber dafür ist das Sechserpack Platten so vielseitig wie selten und hält einige Highlights bereit!
Review: „The End, So Far“ (Slipknot)
Release: 30.09.2022 | Genre: Metal | Spotify
Bereits mit dem unüblich leisen Opener „Adderall“ weiß Slipknot zu überraschen. Nicht etwa nur ein kurzes Intro-Instrumental sondern eine ausgereifte Ballade bildet die Ruhe vor dem Sturm, der dann mit „The Dying Song (Time To Sing)“ in die Ohren drischt. In Songs wie „Hivemind“ wird zwischenzeitlich ordentlich aufs Tempo gedrückt, was die Bassdrum anbelangt. Auflockernde Passagen im Song selbst oder atmosphärische Tracks wie das gelungene „Yen“ bieten genug Kontrast, um die Wirkung zu verstärken. Zwischendurch hätte ich mir etwas mehr Gitarrenspiel wie das kleine Solo in der Mitte von „Adicic“ oder zum Ende von „Heirloom“ gewünscht. Insgesamt dürfte die Platte, obwohl sie alles andere als Mainstream ist, einige hartgesottene Fans zufriedenstellen und andere die Nase rümpfen lassen. Für mich stellt „The End, So Far“ einen konsequenten Zwischenschritt der Weiterentwicklung der Band dar, die neue Elemente hinzuzieht und am Sound feilt, ohne dabei die ursprünglichen Pfeiler aus den Eigen zu verlieren. Dennoch fehlt mir hier die ganz große Qualität, was Highlightsongs anbelangt.
Review: „Cool It Down“ (Yeah Yeah Yeahs)
Release: 30.09.2022 | Genre: Indie-Electro-Pop-Rock | Spotify
Zunächst mal möchte ich festhalten, dass wir es hier mit dem besten Albumcover dieser Ausgabe zu tun haben. Ansonsten bleibt mal wieder eine Achterbahnfahrt der Durchläufe. Beim ersten war ich enttäuscht, wie wenig Gitarre und vor allem Krach in der Platte steckt. Das Gefühl wich immer stärker der Erkenntnis, was für eine gute Mischung aus atmosphärischen Instrumentals und eingängiger Melodien man hier geschaffen hat. Da schwingt man irgendwann automatisch mit und die charismatische Stimme von Frontfrau Karen O ist und bleibt absolut besonders, wechselbar und einschneidend. Und doch fehlt mir letztlich die Energie. „Fleez“ hat gute Momente, „Wolf“ gefällt und auch „Different Today“ ist super, insgesamt ist mir das aber zu wenig, da hatte ich mir erhofft (auch, was die Trackanzahl anbelangt, die gerademal acht misst).
Review: „Die Nerven“ (Die Nerven)
Release: 07.10.2022 | Genre: Indie-Rock | Spotify
Die Verkopftheit und gesellschaftskritische Grundnatur des Bandprojektes Die Nerven wird direkt beim Opener klar, in dem „Und ich dachte irgendwie, in Europa stirbt man nie“ gesunden wird. Kleiner Gruß an Putin, die Mittelmeer-Grenzenzumacher und all die anderen Dinge, die in unserer heutigen Zeit falsch laufen. Vor allem zeigt der Song aber auch, welch musikalische Bandbreite im Album steckt. Leichte Indie-Gewände weichen sperrigen Rock-Einschlägen („Der Erde gleich“ bringt gar waschechten Punk), auch stimmlich wird Abwechslung geboten. Und auch wenn die eh schon sperrige deutsche Sprache in einigen Momenten auf eine Belastungsprobe gestellt wird, schafft man es, ein kompakt wirkendes Endergebnis zu schaffen. Mit Ecken und Kanten aber auch genug emotionalem Kit dazwischen. Tolles Album!
Review: „Why nicht“ (Paul Sies)
Release: 30.09.2022 | Genre: anstrengender Deutsch-Indie-Pop | Spotify
Den Spagat zwischen sperrig und abgerundet hat Paul Sies meiner Meinung nach leider nicht erwischt. Zu abschreckend wirkt der kantige Sprechgesang, der sich nicht als kleiner Skit zum Auftakt sondern Platten-umfassendes Stilmittel entpuppt. Das wird eher wie ein Musical. Aber warum eigentlich not? Inhaltlich mit vielen wichtigen oder auch mal lustigen Aussagen, auch musikalisch mit vielen kreativen Einfällen, aber insgesamt ist das eben etwas, auf das man sich hundertprozentig einlassen muss. Als Musik für nebenbei oder mal aufgedreht für alle eignet es sich meiner Meinung nach weniger. Bei Songs wie „Deutscher Humor“ fühlte ich mich übrigens sehr an Rainald Grebe erinnert, würde mich ja interessieren, ob das bewusst so umgesetzt worden ist.
Review: „Ottoline“ (L.A. Salami)
Release: 14.10.2022 | Genre: Indie-Reggae-Songwriter | Spotify
Fun Fact: Digital ist auch dieses Album eigentlich bereits am 30. September erschienen… Nachdem ich L.A. Salami vor ein paar Alben als interessanten Indie-Songwriter wahrgenommen hat, der Erinnerungen an die Babyshambles hat erwecken können, folgten zwischendurch Veröffentlichungen, die mich so gar nicht abgeholt haben. „Ottoline“ ist da deutlich besser gelungen oder hat mich zumindest dazu verleitet, das Album einige Male öfter zu hören. Auf 14 Tracks bekommen wir sowohl im Soundbereich sanfte Experimente geboten als auch stimmlich eine beeindruckende Bandbreite von Rap bis hin zu Kopfstimmen-Gesang. Da steckt ganz viel Soul, ein bisschen Reggae, und vor allem Gefühl drin. Eines meiner Highlights: „Systemic Pandemic“.
Review: „Burn the Empire“ (The Snuts)
Release: 30.09.2022 | Genre: Indie-Rock | Spotify
2005 hat angerufen und möchte seinen Indie Rock zurück! The Snuts schaffen auf „Burn the Empire“ viele wohlige Erinnerungen an die Hoch-Zeit dieses tollen Genres. Und doch gibt es Modernisierungen zu hören, die vor allem in einem ausgereiften Sound und vielen kleinen, aufbrechenden Stilelementen zu spüren sind. Die Scheibe bringt für mich die ideale Mischung aus Energie und Pop mit sich und dürfte nicht nur bei Live-Auftritten dazu führen, dass sich viele Beine bewegen werden. Und dann sind da Songs wie „13“, die an den tollen Lukas Graham erinnern und emotionale Ruhe bringen. Stark!
Albumtitel sind Amazon-Partnerlinks.
Pingback: Musikvideo: Yeah Yeah Yeahs – „Wolf“ - Mit "Severance“-Star
Pingback: Neuer Song von The Snuts: „NPC“ - Lyric Video