Schon seltsam, nachdem ich zuletzt zwar zahlreiche aber doch eher unbekannte Acts zur Auswahl für die „Kurzreviews“ hatte, stehen für diese Ausgabe recht wenige, dafür aber erfreulich bekannte Namen auf meiner Liste. Trotzdem hat sich leider kein Album herauskristallisiert, dass ich unentwegt als Go-To-Stimmungsmache abspiele, wenn ich gerade gute Musik hören möchte. Wir bewegen uns beim diesmonatigen Quartett eher im soliden bis gehobenen Mittelmaß. Klingt fieser als es ist, wirklich!
Review: „Dead Club City“ (Nothing But Thieves)
Release: 30.06.2023 | Genre: Synthie-Rock | Spotify
Die höchsten Erwartungen hatte ich an Nothing But Thieves, erst recht, nachdem letztes Jahr mit „Life’s Coming In Slow“ ein Banger als Sonderauskopplung zum „Gran Turismo 7“-Soundtrack spendiert worden war. Aber nein, die Überraschung folgte mit „Welcome to the DCC“ – ein ungewohnt elektronischer Sound, der Vorbote und Opener eines Konzeptalbums sein sollte. Der Charakter sitzt trotz neuem Weg und der Refrain bleibt im Ohr. Meine Hoffnungen, dass der Punch erhalten bleibt und wir eine Art Kavinsky-Sound mit Gitarren (und Conor Masons gewaltiger Stimme!) zu hören bekommen würde, wurde durch „Overcome“ bereits ausgebremst. Vielmehr scheinen 80er-Sound-Einflüsse die Prämisse zu sein, was im Keyboard-Intro zu „Do You Love Me Yet?“ gipfelt. Dabei gibt es die Gitarren doch noch! „Members Only“ sowie vor allem (Teile von) „Pop The Balloon“ kommen eher im gewohnten NBT-Gewandt daher. Insgesamt wirkt das Album extrem experimentierfreudig, vielleicht aber gerade ob des (thematischen) Konzeptes einer retrofuturistischen Stadt empfinde ich das Konstrukt als nicht stimmig genug. Und musikalisch fällt es dann halt auch mitunter ab, da kann auch die unveränderlich geniale Stimme nichts mehr retten (wie es z.B. noch bei den gewaltigen Höhensprüngen im guten „City Haunts“ gelingt).
Das ist mitnichten ein schlechtes Album. Es ist noch immer gut produziert, bietet viele Überraschungen sowie gekonnte Elemente und ist ein absoluter Grower, der melodiös und eingängig ist. Aber mich holen zu viele Sachen auch nicht ab und ich ärgere mich, dass die meiner persönlichen Einschätzung nach teils richtig guten Ansätze nicht konsequent fortgeführt werden. Dann hätte es ein wirklich starkes Album abseits der üblichen NTB-Norm werden können. So bleibt eher die Hoffnung, dass es sich um einen hochwertigen aber doch nicht ganz passenden Exkurs handelt.
Review: „Dive“ (ITCHY)
Release: 07.07.2023 | Genre: Punk-Rock-Pop | Spotify
Bei ITCHY erhalten wir keine sonderlichen Experimente, selbst die Deutsch-Phase des Trios ist vorüber. Bei „Dive“ setzt es wieder gewohnt melodiösen und meinungsstarken Punkrock, der zum Tanzen und Nachdenken gleichermaßen anregt. Mit „Prison Light“ und meinem persönlichen Lieblingstrack „Thoughts & Prayers“ gibt es direkt zum Auftakt zwei Highlights, allgemein ist die erste Hälfte ziemlich gut aufgestellt. Die zweite fällt dann in meinen Augen Ohren ein Stück weit ab, beginnend mit dem etwas flachen „I’m Alright“, was eine bessere Bewertung dann leider noch zunichte gemacht hat.
Review: „To Feel Something At All“ (KYTES)
Release: 27.07.2023 | Genre: Indie-Rock-Pop | Spotify
Zwei Bands mit großen Lettern im Namen hintereinander, sehe ich gerade – sollten mal eine Kollabo machen, das passt doch: „ITCHY KYTES“. Aber ich drifte ab, ähem…
Was ist besser als (nicht zu heißes) Sommerwetter? Richtig: (Nicht zu leise) Sommer-Mucke dabei hören zu können! KYTES liefern da mal wieder extrem gut passende Indie-Kost. Den atmosphärischen Opener „Out of Time“ hatte ich ja hier bereits geteilt, tatsächlich repräsentiert dieser das Album ganz gut. Es bleibt sommerlich-leicht, tanzend und hier und da mit atmosphärischen Synth-Sounds spielend. „A Day And A Half“ grüßt die Anfänge von Vampire Weekend, „Mister Burns“ die Anfänge von Two Door Cinema Club und „Chaos“ weiß mit einer tollen weiblichen Feature-Stimme zu überraschen, die für Abwechslung sorgt. Ansonsten sticht noch „Deep End“ hervor, das ich euch mal als Anspieltrack dalasse. Der ganz große Übertrack fehlt mir etwas, aber die Qualität ist durchgehend stabil ohne wirklich Ausreißer nach Unten.
Review: „Firsts Last Forever“ [EP] (The Kecks)
Release: 07.07.2023 | Genre: Indie-Rock | Spotify
Mich hat bei den PR-Mails schon gestört, dass jede die Band als „The Strokes of Hamburg“ eingeführt hat. Puh, ne. Da fehlt aber doch einiges. Wobei: Einige der mir persönlich missfallenden, langweiligen Aspekte sind dann doch zu hören. Ja, das Rotzige, gepaart mit Gitarrenschlägen, ist dann schon cool, aber viel zu selten. Die ersten zwei der sechs Tracks wissen noch in gewisser Weise zu begnügen, dann wird es immer abgedrehter, gipfelt in ganz schlimmen elektronischen Stimmverzerrungen in „Soft Landing“, die dazu führen, dass ich das Anhören abbreche, obwohl es sich um den letzten Track handelt. Ne, da geht mehr!
Albumtitel sind Amazon-Partnerlinks.
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